Warten auf die neue Legende

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen braucht dringend eine neue Dienstwaffe. Derzeit gehen die Beamten mit einem 25 Jahre alten Modell Streife. Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht um Anschaffung neuer Pistolen

DÜSSELDORF taz ■ Mit Steinschleudern wird die nordrhein-westfälische Polizei in Zukunft nicht Streife gehen müssen. „Alle sind mit funktionsfähigen Waffen ausgestattet“, so Bernd Mauel vom NRW-Innenministerium. Die Verzögerung bei der Neuanschaffung von 40.000 neuen Dienstpistolen bei der Polizei habe keine Auswirkung auf die Sicherheit der Bürger.

Ein 15-Millionen-Euro-Geschäft mit der Firma Walther in Arnsberg war in dieser Woche vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht geplatzt. Das Konkurrenzunternehmen Heckler & Koch aus Baden-Würtemberg hatte wegen angeblicher Patentrechtsverletzung geklagt und vorerst Recht bekommen. Eine endgültiges Urteil wird für den 16. Februar erwartet. „Ein gezieltes Störfeuer“ nennt das Karl Heinz Luther, Vertriebsleiter in der Sauerländer Waffenschmiede, die auch von James Bond (Walther-PPK) stets bevorzugt wurde. Eigentlich hätten bereits 10.000 der neuen P99 ausgeliefert sein müssen. „Ein eindeutiges Votum für das bessere Produkt“ sagt Luther. Die gerichtliche Verzögerung koste seine Firma „Unsummen“.

Die PolizistInnen im Land warten händeringend auf die neue Bewaffnung. Seit 25 Jahren ist die P6, Kaliber 9mm der Eckernförder Waffenfabrik Sig/Sauer bereits im Einsatz. Bereits vor Jahre wurde die Produktion eingestellt. „Die entspricht nicht mehr den Vorstellungen einer modernen Waffe“, sagte Dieter Hoffmann vom NRW-Landesbezirk der Polizeigewerkschaft zur taz. Zusätzlich müsse bei der Ersatzteilbeschaffung eine enorme Wartezeit in Kauf genommen werden. Engpässe bei der Ausstattung der Polizisten gäbe es aber nicht, beschwichtigt der Sprecher im Ministerium. Hoffmann schwärmt von der neuen Walther P99, die auch das Kaliber 9 mm verwendet. Aber sie könne auch für Linkshänder umgebaut werden. „Die mussten früher immer umerzogen werden“, so der Gewerkschaftler. Auch dem gestiegenen Anteil an Frauen im Polizeidienst werde Rechnung getragen. Leichter zu tragen, leichter abzudrücken und individuell angepasste Griffschalen. Die Polizei in NRW habe am Auswahlprozess aktiv teilgenommen. 13 Waffen von vier Bewerbern wurden getestet.

Die neue Walther sei auch sicher, die Debatte um die Sicherheit der Walther P99 wegen eines Unglücksfalls im letzten Jahr sei keine, sagt Hoffmann. Nur bei absolutem Fehlverhalten – zum Beispiel mit einem Schraubenzieher in einer geladenen Waffe herumdoktern – könne Schaden entstehen. Bereits im letzten Jahr hätten sich Kollegen bei Innenminister Fritz Behrens (SPD) von der Sicherheit überzeugen können.

Jetzt warten alle auf das abschließende Gerichtsurteil. Im schlimmsten Fall muss das gesamte Auswahlverfahren wiederholt werden. Eine außergerichtliche Einigung, wie sie der Vorsitzende Richter Heinz-Peter Dierks in Düsseldorf nahe gelegt hat, wird es wohl nicht geben. „Früher haben Heckler & Koch es nicht nötig gehabt, den Mitbewerber anzuschwärzen“, sagt Luther in Arnsberg und hofft auf seine Gutachter im Patentverfahren. PETER ORTMANN