Standortpredigers Gottesdienst

Bei der feierlichen Enthüllung des ersten Airbus A380 geriet Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust in Verzückung. Und will alles dafür tun, dass das „Kreuzfahrtschiff der Lüfte“ bald über Finkenwerder schwebt. Wenn schon nicht über Fuhlsbüttel

Von Sven-Michael Veit

Ergriffen. Ole von Beust war ergriffen. „Gigantisch“ sei der A380, schwärmte Hamburgs Bürgermeister, als er des ersten Exemplars des Riesenjets angesichtig wurde. Im französischen Konkurrenzwerk Toulouse wurde es gestern Vormittag enthüllt bei einer mehrstündigen Feier, die mancher Olympiaeröffnung ebenbürtig war. So verzückt war von Beust, dass ihm ein wenig das Wort entglitt: „Eine gelungene Mischung aus Musical, Operette und“, das sagte der Christdemokrat tatsächlich, „Gottesdienst“ sei das – Standortpredigers Heilige Messe eben.

Das „großartige Gefühl“, das ihn dort beschlich in der südfranzösischen Montagehalle beim Anblick des größten Passagierflugzeugs der Welt, tröstet von Beust darüber hinweg, dass er nur einer von rund 5.000 Zuschauern war. Nicht einmal namentlich erwähnt wurde er von Airbus-Chef Noël Forgeard, als dieser die Anwesenden offiziell begrüßte. Aber hinter europäischen Staatsmännern wie Jacques Chirac, Gerhard Schröder oder Tony Blair, die allesamt zur „Offenbarung des A380“, wie die Agentur dpa schwärmt, eingeflogen sind, spielt der Ministerpräsident eines Bundeslandes eben nur die zweite Geige.

Und das wird auch Hamburgs Rang bleiben im Airbus-Konzert. Hinter Toulouse wird dem Werk Finkenwerder nur ein kleines Stück vom Kuchen bleiben, den der zweitgrößte Luftfahrtkonzern der Welt zu backen gedenkt. Selbst wenn der doppelstöckige Riesenflieger, dessen Entwicklung die beteiligten Staaten mit 3,2 Milliarden Euro subventioniert haben, in die schwarzen Zahlen schweben sollte. Und selbst wenn der Ausbau des Hamburger Werkes, den der Senat mit 693,7 Millionen Euro bezuschusst, gelingen sollte.

Zuversichtlich sei er, beteuerte der Bürgermeister, dass die Verlängerung der Startbahn bis 2007 abgeschlossen werde: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass alles in Ordnung geht“, sagte er im Hinblick auf die bevorstehenden juristischen Auseinandersetzungen mit den weiterhin mehr als 200 Klägern gegen die Erweiterung. Anfang kommenden Monats will die Wirtschaftsbehörde ihre neuen Planungen veröffentlichen, morgen wollen die Gegner des Projekts um die Neuenfelder Biobäuerin Gabi Quast ihre Einschätzungen kundtun (Report und Bericht Seite 23).

Doch man darf sich, das weiß Ole von Beust spätestens seit August vorigen Jahres, nie zu sehr in Sicherheit wiegen. Damals hatte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht die Enteignung der widerspenstigen Grundstückseigentümer von Neuenfelde verboten – Auftakt zu einer monatelangen juristischen und politischen Hängepartie, die noch immer andauert.

Deshalb forderte der Bürgermeister Seit an Seit mit dem Finkenwerder Werkschef Gerhard Puttfarcken gestern nochmals die beiden noch verbliebenen Grundbesitzer zum Verkauf ihrer Flächen auf: „Das Festhalten an den Grundstücken ist doch nur schlechtes Verlierertum, kann aber das Projekt nicht mehr verhindern“, behauptete von Beust. Die notwendigen Umfahrungen der Grundstücke in der Alternativplanung würden das Projekt um bis zu sieben Millionen Euro verteuern. Auch Puttfarcken ließ wissen, er hoffe weiterhin „auf eine vernünftige Entscheidung“. Und danach werde, versicherte der Bürgermeister noch immer verzückt, für Hamburg ein Standorttraum in Erfüllung gehen: „Ich freue mich jetzt schon auf die erste Landung des neuen Airbus in Hamburg.“

Wenn überhaupt, aber nur auf dem Werksflugplatz Finkenwerder. Denn nach den Planungen des Konzerns wird der A380 in Deutschland lediglich Frankfurt und München anfliegen. Hamburg-Fuhlsbüttel ist für den Riesen zu klein.