WAZ-Konzern verzichtet auf die „Krone“

ÖSTERREICH Verleger Hans Dichand könnte die Anteile des Medien-riesen übernehmen

Krone ade. Der WAZ-Konzern will bis Herbst seine 50-prozentige Beteiligung am österreichischen Boulevardblatt Neue Kronen Zeitung abstoßen. Entsprechende Verhandlungen bestätigte WAZ-Chef Bodo Hombach gegenüber dem Handelsblatt. Aus der Wiener Muthgasse war, wie bei Unternehmensinterna üblich, nichts zu erfahren. Vorigen Monat waren Gerüchte von der Herausgeberfamilie Dichand noch heftig dementiert worden.

Die Argumente für den Essener Mediengiganten liegen klar auf der Hand. Die Gewinne der Krone sinken tendenziell. Der 88 Jahre alte Herausgeber Hans Dichand, der die Zeitung als Kampfblatt gegen EU, Asylwerber und eine offene Gesellschaft versteht, lässt sich inhaltlich wenig reinreden. Durch die Inthronisierung seines Sohns Christoph als Chefredakteur hat er die dynastische Nachfolge durchgesetzt. Jährlich lässt er sich rund 8,5 Millionen Euro als „Vorabgewinn“ auszahlen – unabhängig von der tatsächlichen Ertragslage, die belastet wird von sinkenden Werbeeinnahmen und das weitgehend gratis verteilte bunte Konkurrenzblatt Österreich.

Der Wert der WAZ-Anteile wird heute auf etwa 200 Millionen Euro geschätzt. Hombach will 250 Millionen erlösen. Wer die Beteiligung übernehmen soll, ist noch ungeklärt. Hans Dichand selbst hätte das nötige Kleingeld. An seinem Lebensabend könnte er noch alle Macht in seinen Händen vereinigen, und Macht bedeutet ihm viel. Schließlich hat er schon Minister gestürzt und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), dem er wahrscheinlich das wahlentscheidende Quäntchen an Wählerstimmen verschafft hat, frisst ihm aus der Hand. Interessiert sind aber auch die Erste Bank und die Wiener Städtische Versicherung, die zur wachsenden Medienmacht der Raiffeisen-Gruppe ein Gegengewicht aufbauen wollen. RALF LEONHARD, WIEN