Es fährt kein Zug nach Schönefeld

Ob der geplante Großflughafen Berlin-Brandenburg überhaupt gebaut wird, ist unklar. Sicher scheint, dass er bis zur Eröffnung 2010 wohl keinen eigenen Bahnanschluss bekommt. Die Flughafengegner wittern Morgenluft

Ein Flughafen ist ein Flughafen – und kein Bahnhof. Flugzeuge starten und landen dort. Keine Züge. So gesehen scheint es nur vernünftig, dass Bahnchef Hartmut Mehdorn die geplante Investition von 445 Millionen Euro für die geplante Schienenanbindung an den geplanten Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) auf Eis gelegt hat. In vertraulichen Unterlagen des Konzerns heißt es: „Das Projekt Flughafenanbindung wird zugunsten anderer Prioritäten nicht weiter verfolgt.“

Der Berliner Konzernbevollmächtigte, Peter Debuschewitz, hat gestern bei einer Klausurtagung der SPD-Fraktion im sächsischen Radebeul eingeräumt, dass es bis zur Eröffnung 2010 mit dem geplanten Shuttle und dem Bahnhof unterhalb des Flughafens eng werden könnte. Alternativ könne eine Zugverbindung über eine andere Strecke ein- bis zweimal pro Stunde verkehren. Zudem würden S-Bahn und Regionalzüge weiterhin über den Außenring nach Schönefeld fahren.

Nach Ansicht der Flughafengegner geraten die Planungen für den Ausbau Schönefelds damit erheblich ins Stocken. Rechtsanwalt Wolfgang Baumann sieht sogar das gesamte Konzept in Frage gestellt. Was insofern nicht verwunderlich ist, als Baumann rund 3.600 Kläger vertritt, die den Flughafenausbau vor dem Leipziger Bundesverwaltungsgericht als Ganzes zu Fall bringen wollen. Deren Chancen seien mit der Entscheidung der Bahn erheblich gestiegen, glaubt Baumann.

Seine Kollegin Daniela Schuster hält eine erneute Prüfung alternativer Standorte für nötig. Schließlich breche mit der fehlenden Schienenanbindung „eine tragende Säule der Standortentscheidung“ für Schönefeld weg. Fraglich sei nun auch, ob die angestrebte Auslastung mit 20 Millionen Passagieren pro Jahr noch realistisch sei.

Nach derzeitiger Planung soll der Flughafen – samt unterirdischem Bahnhof – zum Winterplan 2010 in Betrieb gehen. Die Investitionskosten belaufen sich auf 2 Milliarden Euro. Planung, Bauvorbereitung und Landerwerb seien mit hohen finanziellen Risiken verbunden, räumte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf der SPD-Klausurtagung ein. „Wir gehen hier ins Risiko und müssen das auch tun. Sonst ist der Zeitplan nicht zu halten.“ Wowereit ist trotzdem davon überzeugt, dass das Projekt nicht vor Gericht scheitern wird. Bereits im April werde das Bundesverwaltungsgericht (BVV) in Leipzig einen einstweiligen Bescheid zu den Klagen der Flughafengegner erteilen. Mit einer endgültigen Entscheidung wird kommendes Jahr gerechnet. Wowereit verwies auf die Einschätzung unabhängige Gutachter, wonach das BVV den Ausbau genehmigen werde. Sonst drohe der „GAU“.

Die Berliner SPD-Fraktion forderte die Bahn darum auf, die Mittel für die Schienenanbindung bereitzustellen. Doch die Bahn scheint sich auf Projekte zu konzentrieren, die mehr Erfolg versprechen. Die Fußball-WM 2006 gehört offenbar dazu. Pünktlich zum Anstoß will der Konzern fünf neue Bahnhöfe in Berlin eröffnen.

JAN ROSENKRANZ