zahl der woche
: Auf nach Polen, ins Land des boomenden Konsums

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Knapp 6 Milliarden Euro haben ausländische Investoren 2004 in Polen angelegt. So viel wie seit drei Jahren nicht. Den politischen Turbulenzen zum Trotz entwickelt sich der polnische Markt stabil und berechenbar. In fast allen Branchen locken gute Renditen. Zugleich deutet sich ein neuer Trend an: Weltweit tätige Unternehmen verlagern ihre Forschungsabteilungen sowie Teile der Rechnungsführung nach Polen.

Der größte Investor, so berichtet die konservative Rzeczpospolita, kam 2004 allerdings weder aus Frankreich noch den USA oder Deutschland, sondern aus Ungarn: die TriGranit Development baut im oberschlesischen Kattowitz ein Einkaufs- und Vergnügungszentrum für knapp 630 Millionen Euro. Die Umstrukturierung des polnischen Kohlepotts läuft auf vollen Touren. Auf dem Gebiet des ehemaligen Bergwerks „Gottwald“ werden schon bald tausende Menschen durch eine „Galeria“ oder eine „Promenada“ flanieren, in Boutiquen stöbern, aber auch neue Möbel und Haushaltsgeräte kaufen. Mit steigendem Wohlstand wachsen die Ansprüche an die Wohnqualität. Zweitgrößter Investor in Polen war 2004 daher Ikea, der schwedische Möbelkonzern. Er will bis 2007 knapp 380 Millionen Euro in den Ausbau seiner Ladenkette in Polen investieren. Auch der Waschmaschinen- und Herdproduzent Whirlpool hat im letzten Jahr mit dem Bau einer neuer Herdfabrik in Wroclaw (Breslau) begonnen. Insgesamt wird die Investition ein Volumen von 130 Millionen Euro haben.

Richtig groß in Polen eingestiegen sind im letzten Jahr vor allem Fuhrunternehmen. Allein drei der zehn größten Investoren kamen aus der Logistikbranche. Parkridge CE (Morley), DTC Poland und Emerson haben im letzten Jahr angekündigt, für insgesamt 500 Millionen Euro in Logistikzentren in Polen und neue Lastkraftwagen investieren zu wollen. Die Haushaltswarenkonzerne Philipps und Merloni schließlich bauen in Lodz Dienstleistungszentren für ihre ausländischen Töchter. Merloni wird die gesamte Buchführung aus Tschechien, Ungarn und der Slowakei nach Polen verlagern. Siemens baut seine Entwicklungsabteilung in Breslau aus. Die meisten ausländischen Investitionen in Polen kommen allerdings aus dem Mittelstand. So baut der türkische Unternehmer Remzi Kaplan in Szczecin (Stettin) eine Fleischfabrik für Kebab. Dort werden später 300 Menschen Arbeit finden.

Die Wirtschaftsexperten, die das Investoren-Ranking aufstellten, warnen trotz der guten Zahlen vor zu großem Optimismus. Immerhin habe Polen 2004 den koreanischen Automobilkonzern und Großinvestor Hyundai verloren. Statt in Polen eine Fabrik für 1,1 Milliarden Euro zu bauen, habe sich Hyundai am Ende für den Standort Slowakei entschieden. GABRIELE LESSER