Knake-Werner stoppt Hartz-Umzüge

Die Sozialsenatorin Knake-Werner (PDS) will Bestimmungen der Arbeitsmarktreform zu Gunsten der Betroffenen auslegen. Derweil schafft Hartz IV handfest Arbeitsplätze: 470 neue Mitarbeiter bei der Arbeitsagentur sollen Aktenberge abtragen

VON JAN ROSENKRANZ
UND RICHARD ROTHER

Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) will Umzüge von Hartz-IV-Betroffenen in billigere Wohnungen vermeiden. Die Arbeitsmarktreform sei dazu da, Menschen in Arbeit zu bringen – „ihnen gleichzeitig die Wohnung zu nehmen, wäre aberwitzig“, sagte sie im Interview mit der taz (siehe unten).

Zur Beurteilung der Frage, ob der Wohnraum angemessen – also weder zu teuer noch zu groß – ist, sollen eigene Kriterien entwickelt werden, die Umzüge zur Ausnahme machen. „Im Prinzip wird es solche Fälle geben, aber es wird keine Massenerscheinung sein“, so Knake-Werner. Sie gehe jedoch bereits jetzt davon aus, dass die meisten Betroffenen in angemessenem Wohnraum leben.

Die Sozialsenatorin äußerte Verständnis für die Probleme beim Start von Hartz IV. Das gilt jedoch nicht für personelle Engpässe in den Jobcentern. So sei der Regionaldirektion der Arbeitsagentur das Angebot gemacht worden, ausgebildetes Personal, das im Berliner Stellenpool geparkt ist, befristet abzugeben.

Bislang hatte die Bundesagentur für Arbeit auf Neueinstellungen verzichtet. Gestern hat die Regionaldirektion der Arbeitsagentur dann doch auf die seit Tagen schwierige Situation in den Ämtern reagiert. „Bis Ende Januar werden alle Rückstände abgearbeitet“, sagte Behördenchef Rolf Seutemann gestern. Dazu können sukzessive 470 Mitarbeiter neu eingestellt werden. Diese Stellen werden allerdings bis Ende 2007 befristet. Schon ab dem 19. Januar sollen rund 300 Mitarbeiter aus dem Stellenpool des Landes Berlin in den Jobcentern tätig werden.

Der so genannte Stellenpool wurde für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes eingerichtet, deren Stellen weggefallen sind – betriebsbedingte Kündigungen waren tarifvertraglich ausgeschlossen worden.

Von rund 240.000 Anträgen auf Arbeitslosengeld II sind nach Angaben der Arbeitsagentur rund 12.000 noch nicht bearbeitet. Davon kommt ein Drittel aus der Agentur selbst, zwei Drittel aus den Sozialämtern. Ein Grund für die unbearbeiteten Anträge ist laut Seutemann, dass in Berlin viele Anträge erst in der zweiten Hälfte des Dezembers abgegeben worden seien.

Um alle Rückstände bis Ende Januar aufzuarbeiten, werden die Mitarbeiter mehrerer Agenturen wieder samstags Überstunden schieben. Schließlich müssen auch die 13.000 seit dem 1. Januar neu eingegangenen Anträge geprüft und entschieden werden.

Dass Betroffene zwischen Arbeitsagentur und Sozialamt hin- und hergeschoben werden – Arbeitslosengeld II bekommen nur Erwerbsfähige, alle anderen erhalten Sozialgeld –, soll künftig ausgeschlossen werden. „Wir wollen ein kundenfreundliches Verfahren“, hieß es bei der Arbeitsagentur.

Bis Ende Januar soll ein Verfahren zwischen der Berliner Sozialverwaltung, der Regionaldirektion und den Rentenversicherungsträgern entwickelt werden, wie bei Betroffenen entschieden wird, bei denen es Unklarheiten gibt – etwa bei Obdachlosen oder Behinderten. Hierbei gibt es allerdings „unterschiedliche Interessenlagen“, sagte Seutemann.