Ultimatum für Helfer in Aceh

Indonesiens Regierung fordert alle ausländische Soldaten, die nach der Katastrophe in Aceh Hilfe leisten, zum Verlassen des Landes nach spätestens drei Monaten auf

BERLIN taz ■ Indonesien drängt die in Aceh befindlichen ausländischen Soldaten, das Land möglichst bald zu verlassen. „Drei Monate sind genug. Eigentlich, je schneller je besser“, sagte Vizepräsident Jusuf Kalla gestern laut der staatlichen Nachrichtenagentur Antara. Zurzeit leisten neben mehr als 50 internationalen Hilfsorganisationen auch Soldaten aus Australien, China, Japan, Malaysia, Singapur, Spanien, Pakistan, den USA, der Schweiz und Deutschland in Aceh Nothilfe. Indonesiens Militär wäre mangels Hubschraubern, Lazaretten und Trinkwasseranlagen allein überfordert.

Kalla sagte, Aceh brauche in naher Zukunft die Hilfe von Ärzten und Ingenieuren statt von Soldaten: „Ausländische Truppen werden nicht länger gebraucht.“ Insbesondere die Anwesenheit von Soldaten aus Australien und den USA wird mit Argwohn betrachtet. Viele Indonesier glauben, die USA verfolgten mit ihrer Hilfe strategische Interessen. Japan hatte das Land im Zweiten Weltkrieg besetzt, und auch das Verhältnis zu Malaysia, Singapur und China war nicht immer spannungsfrei.

Kallas Äußerungen erhöhen den Druck auf ausländische Helfer in Aceh, nachdem das Militär schon den Hilfsorganisationen Auflagen machte. Sie sehen vor, dass Helfer künftig Einsätze außerhalb von Banda Aceh und Meulaboh beim Militär anmelden und sich womöglich von Soldaten begleiten lassen müssen. Das Militär rechtfertigt dies mit angeblichen Bedrohungen durch die „Bewegung freies Aceh“ (Gam). Die Auflagen gelten auch für ausländische Journalisten, für die Aceh vor der Katastrophe generell verschlossen war.

Das UN-Welternährungsprogramm, das in Aceh 300.000 Menschen versorgt, erklärte gestern, noch keine Restriktionen zu spüren. Man hoffe, die Auflagen führten nicht zu einem Stau der Hilfe. Die Gesellschaft für bedrohte Völker bezeichnete die Auflagen als „schallende Ohrfeige für ausländische Helfer“ und „Verhöhnung der Überlebenden der Katastrophe“.

Indonesiens Sozialministerium erhöhte gestern die Zahl der Toten der Katastrophe auf 106.523. 12.917 Menschen werden noch vermisst, 694.760 wurden obdachlos. SVEN HANSEN

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