Ewige Potenz

WDR-Urgestein Jean Pütz wollte aufhören, rührt aber ab heute beim ZDF (9.05 Uhr) Hausmittel an: „Volle Kanne“

Jean Pütz ist zurück. Schneller als gedacht, wenn überhaupt gedacht. Am 29. Dezember letzten Jahres verabschiedete ihn der WDR nach 30 Jahren „Hobbythek“ mit einer großen Schulterklopf-Gala, am nächsten Tag wurde bereits bekannt, dass der 68-Jährige zum ZDF wechselt. Ab heute gibt er zweimal wöchentlich Haushalts- und Gesundheitstipps in der Service-Sendung „Volle Kanne“.

Dabei hatte Pütz kürzlich noch bei Johannes B. Kerner verkündet, er wolle sich fortan der Familie widmen, anstatt die Herstellung von Gleitcreme zu erklären. Und so wirkte es eigentlich, als würde „Mister Hausmittel“ schön friedlich von Fritz Pleitgen in Pension geschickt.

Dieser Gedanke entlockt Pütz in seinem Mainzer Hotelzimmer ein empörtes Schnaufen und schon kölscht er die Richtigstellung durch den Telefonhörer: „Der WDR hat mir eben nicht geglaubt, dass ich nicht aufhören will!“ Aufhören? Noch gibt es zu viele Rätsel aus der Welt der Hausfrauen, Heimwerker und Hypochonder zu entschlüsseln. Kleine, raffinierte Rezepte, für immer gültig.

Und genau das sei es doch, was wir in der heutigen „wertelosen Gesellschaft“, wie Pütz es nennt, bräuchten. Dass er sich selber auch stets an seine Ratschläge gehalten hat, das ist zu vermuten, wenn Pütz seinen vollen Zwirbelbart-Charme zusammennimmt und triumphiert: „Ich habe ja noch die ganze Potenz, da kann ich mich doch nicht ausschließen lassen!“

Erst recht nicht, weil er als gewissenhaft-akribische TV-Institution nicht dem „Jugendlichkeitswahn“ den Vortritt lassen kann. „Merken Sie sich: Ich möchte nicht Moderator genannt werden. Das sind Marionetten, ich bin ein Macher!“

Der WDR hatte seine Fernsehpräsenz nach drei Jahrzehnten kontinuierlich heruntergeschraubt, aber Pütz betont in jedem Nebensatz, dass er keinesfalls enttäuscht sei. „Immerhin bin ich ein sehr eigener, querer Kopf und die haben mir immer meine Unabhängigkeit gelassen.“ Nur das Klima, vielmehr „dat Klima“, war am Ende nicht mehr ganz unbelastet: „Da gab es nur noch lange Gesichter. Mit rheinischem Humor konnte man nicht mehr arbeiten, das ist jetzt wieder anders.“

Kölle in Mainz. Ganz ehrlich, Herr Pütz, Sie alter Fuchs, seit wann haben Sie denn mit einem Wechsel zum ZDF gemunkelt? „Sagen wir: Unterschrieben habe ich erst am 30. 12.“ Schelm liegt in Jean Pütz’ Stimme.

Aber mal im Ernst: „Ich verdiene jetzt kaum was. Es geht mir auch nicht ums Geld, sondern um die Glaubwürdigkeit.“ Jean Pütz schreckt plötzlich innerlich auf, genug ikonisiert: „Ich habe ja nix geleistet, nur gearbeitet wie jeder andere auch. Ich werde eben nur elektronisch geklont“.

PATRICK BAUER