zwischen den rillen
: Weisheiten aus kölschen WGs

Wenn ich mir jetzt die Platte der LebensWeGe anhöre, muss ich dann direkt mit den Typen in eine Wohngemeinschaft ziehen? Oder noch schlimmer, werde ich gezwungen, ab sofort mein ganzes Leben mit ihnen teilen? Nach dem Motto: Eigentum ist scheiße, alles gehört dem Kollektiv, und „die Zettel auf dem Joghurt mit deinem Namen drauf gehen schon mal gar nicht“? Oder ist die LebensWeGe am Ende einfach nur eines dieser harmlosen sozialen Musikprojekte? Sie wissen schon: Kreativität statt Selbstzerstörung.

Alles falsch: Die LebensWeGe ist eine ganz normale Band – acht MusikerInnen aus Köln und Bonn, mit einer Vorliebe für Reggae, Dancehall, Ska und HipHop. Allesamt Styles, die sich durch eine gewisse Distanzlosigkeit, sowohl unter den Musikern selbst, als auch zwischen den Musikern und den Fans auszeichnen. Deshalb also der vereinnahmende Bandnahme. Und deshalb wohl auch die wöchentlichen E-Mails, die ich via Newsletter von der LebensWeGe zugeschickt bekomme, obwohl ich nicht danach gefragt habe. Was jetzt natürlich kein Vorwurf sein soll. Präsenz ist schließlich alles.

Doch nun zum Inhalt: Die LebensWeGe ist ganz sicher gut dafür, die feierwütige Studi-Crowd bei Laune zu halten. Die handgespielten Reggaegrooves und HipHop-Beats sind tight und gehen ordentlich in die Beine. Es bounct, rollt und pumpt; man hört, dass die WG sowohl bei den Fantastischen Vier als auch bei Seeed und Gentleman in die Schule gegangen ist. Das ist ja das Witzige: Um die amtlichen Roots-Sounds zu adaptieren, reicht es heute völlig aus, lediglich auf die aktuellen Erfolgsproduktionen aus deutschen Landen zurückzugreifen.

Um sich allerdings die Texte der drei Sänger und MCs aus der WG schönzukiffen, bedarf es schon eines ziemlich starken Krauts. Hymnen auf die Homebase – in diesem Fall: Köln und Bonn – sind ohnehin ein schwieriges Feld. So fantasielos wie im Titeltrack „Großstadtpulsschlag“ geht das dann aber echt auf keine Kuhhaut: „Denn das ist Colonia, die Stadt mit Karnevalsverein, dem Karneval am Rhein, wer anders kann es sein, die wahre Macht am Rhein.“ Boa, Alter, echt wahr, ey? Oliver Minck

LebensWeGe: „Großstadtpulsschlag“ – BonnBoom Music, BBM008CD, LC 13564