Wo die Armen wohnen

ARMUTSATLAS Zum ersten Mal schlüsselt der Wohlfahrtsverband die Armutszahlen nach Regionen auf. Es drohe die Verödung ganzer Landstriche. Arme Ecken gibt es auch im Westen

BERLIN taz | Deutschland ist bei der Einkommensverteilung dreigeteilt. Der am Montag vom Paritätischen Wohlfahrtsverband vorgelegte „Armutsatlas“ zeigt, dass die Rede vom wohlhabenden Westen und einkommensschwachen Osten überholt ist. Vielmehr legt die Auswertung der Armutsdaten durch den Wohlfahrtsverband nahe, dass auch Westdeutschland sich spaltet: in einen wohlhabenden Süden und einen vom Abstieg bedrohten Norden. Die ärmste Nordwestregion – Ostfriesland – weist dabei mit über 20 Prozent eine etwa ebenso hohe Armutsquote auf wie die brandenburgische Uckermark oder Mittelthüringen.

Das ärmste Bundesland ist Mecklenburg-Vorpommern mit einer Armutsquote von 24,3 Prozent. Dort lebt also fast jeder Vierte an oder unter der Armutsschwelle, die EU-weit mit 60 Prozent des mittleren Einkommens bemessen wird. Nach den zugrunde gelegten Zahlen von 2007 ist Baden-Württemberg mit 10 Prozent Armen das reichste Bundesland.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Bundesverbands, Ulrich Schneider, sagte am Montag in Berlin: „Deutschland steht vor einer Zerreißprobe.“ Nicht nur die Mittelschicht schwinde. „Deutschland droht auch regional auseinanderzubrechen.“ Eine konsequente Armutspolitik müsse regional ansetzen. Die Konjunkturpolitik der Bundesregierung angesichts der Wirtschaftskrise sei „unter dem Gesichtspunkt der zielgerichteten regionalen Armutsbekämpfung auf beiden Augen blind“. Insbesondere die Abwrackprämie konterkariere jegliche gezielte Regionalförderung und nutze nur denen, die sich ein neues Auto leisten könnten. UWI

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