Legale Nebeneinkünfte

Viele Abgeordnete sind nebenbei beschäftigt bei Gewerkschaften und Verbänden – das ist aber echte Arbeit und keine Pseudotätigkeit

BERLIN taz ■ Was heißt hier Lobbyismus? „Ich bin gebeten worden, für ein Parlament zu kandidieren, weil die Marke Gewerkschaft in der SPD vertreten sein sollte“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Fritz Schösser. Er ist auch bayerischer DGB-Vorsitzender und wird als solcher vom Gewerkschaftsbund für 18,5 Stunden die Woche tariflich bezahlt. Er arbeite für die Gewerkschaft mehr als das, sagt Schösser, aber als Parlaments- und Verbandspolitiker arbeite man ja sowieso in einem durch.

Dank der durch die Fälle Arentz und Meyer angestoßenen Debatte über Nebeneinkünfte von Politikern werden derzeit verschiedene Vorschläge ventiliert, wie Lobbyismus und Korruption einzudämmen seien. Schwierig ist jedoch, die Grenze zwischen – gewollter – Berufstätigkeit und anrüchiger Pseudobeschäftigung zu ziehen. Deshalb hält etwa der CDU-Rechtspolitiker Jürgen Gehb es für „unvereinbar“, Abgeordneter und gleichzeitig Angestellter eines Unternehmens oder eines Verbandes zu sein. Gehb ist Rechtsanwalt.

„Aber für wen arbeitet denn ein Unternehmensberater oder Rechtsanwalt?“, fragt der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel. Ein Freiberufler sei noch lange nicht unabhängig. Im Übrigen, sagt Barthel, sei auch die Unterscheidung zwischen „Arbeit mit Bezahlung“ und „Bezahlung ohne Arbeit“ zweifelhaft: „Die Identifikation mit einem Betrieb ist ja wohl höher, wenn ich da noch ein paar Tage die Woche hingehe, als wenn ich dort nicht mehr hingehe.“ Barthel ist Gewerkschaftssekretär bei Ver.di, aber nun „ohne Bezüge beurlaubt“.

Seitdem bekannt ist, dass der SPD-Bundestagsabgeordnete und IG-Metaller Hans-Jürgen Uhl als Betriebsrat des Volkswagen-Konzerns von VW bezahlt wird, obwohl seine Betriebsratstätigkeit unklar ist, ist auch das Gewerkschaftslager ins Zwielicht geraten. Doch Ver.di und DGB legen Wert darauf, dass hier säuberlich unterschieden wird: Dass ein Unternehmen einen Betriebsrat weiterbezahlt, wenn er in einem Parlament sitzt, sei ganz Sache von Betrieb und Rat. Die Gewerkschaften selbst erklären, dass sie nichts zu verbergen haben.

So konnte der DGB gestern auf Anfrage eine Liste mit sämtlichen bei ihm angestellten Parlamentariern präsentieren: Außer Fritz Schösser sitze auch noch Willi Brase für die SPD im Bundestag, der 5,31 Stunden bezahlt bekomme. In den Landtagen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz säßen drei DGBler mit 18,5 Stunden, und im baden-württembergischen Kreistag Rems-Murr einer, der sogar 29,6 Stunden bezahlt bekomme. Der sei aber Grüner.

Zum Vorwurf, mit den Gewerkschaftern säßen pure Lobbyisten im Parlament, fragen übrigens alle zurück: „Hat irgendjemand den Eindruck, die Regierung hört auf die Gewerkschaften?“ UWI