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Der niederländische Innenminister urlaubt unbeirrt mit Freunden auf der thailändischen Insel Koh Samui

Johan Remkes lässt sich nicht gerne während des Urlaubs stören. Jetzt ist seine Behörde doch noch zu ihm durchgedrungen. Er hat eingewilligt, den Niederländern in der Katastrophenregion einen Besuch abzustatten.

Der Minister ist schwer zu erreichen, so die Begründung eines Sprechers aus dem Innenministerium. Die Begründung dafür, dass Remkes (VVD) auf Koh Samui seinen Urlaub fortsetzte, während 250 Kilometer Luftlinie entfernt in der Katastrophenregion das RIT, ein Identifikationsteam, daran arbeitet, betroffene Landsleute zu identifizieren. Pikanterweise untersteht es der Behörde des urlaubenden Minister selbst, dessen Regierung 27 Millionen Dollar als Hilfsleistungen zugesagt hat.

Gestern hat Remkes nun eingewilligt, diesem Team und den von der Katastrophe betroffenen Niederländern einen Besuch abzustatten. Ein Wechsel vom Zustand Privatmann in den Zustand Minister? Der oppositionelle Abgeordnete Diederik Samson brachte auf den Punkt, was eine schockierte Nation dachte: „Minister ist man 24 Stunden am Tag“, sagte er und sprach von einem Einschätzungsfehler Remkes. Auch vom eigenen Koalitionspartner kam Kritik. Der CDA-Abgeordnete Henk Jan Ormel wünschte sich von seinem Minister „mehr Empathie“. Selbst Remkes eigene Partei VVD zeigte sich enttäuscht und ging in ihrer Kritik und der Formulierung des Anspruches, den eine politische Person erfüllen muss, noch weiter. „Als Kammermitglied ist man nie im Urlaub“, sagte der VVD-Auslandssprecher Hans Van Balen zur Situation.

Auch wenn sich Remkes nun auf den kurzen Weg macht, ein bitterer Nachgeschmack bleibt auch in den niederländischen Medien. Nicht nur, weil Remkes erst spät erreichbar war, sondern vor allem, weil der Minister die Bedeutung seines Amtes nicht zu verstehen scheint.

Urlaubszeit ist zwar Erholungszeit, aber ein Minister ist eben kein gewöhnlicher Arbeitnehmer. Die Verantwortung, die man mit diesem Amt wissentlich aufnimmt, endet nicht nach Büroschluss. Eine Eskalation der Problematik besteht durch Remkes räumliche Nähe zum Geschehen. Der Eindruck entsteht, der Minister drücke sich vor der Aufgabe, ein unwürdiges Bild. Weiterhin bleibt die Frage offen, warum der Minister überhaupt erreicht werden musste. Ist er denn in seinem Urlaubsdomizil so von der Außenwelt abgeschnitten, dass er von der Katastrophe nichts mitbekommen hat? Warum hat er nicht selbst die Initiative ergriffen und sein Ministerium kontaktiert? Wie kann sich ein Minister erlauben, so abgeschirmt zu leben? Die Antwort lautet: Er kann es sich nicht erlauben, er steht in der Verantwortung, die ihm seine Wähler übertragen haben.

Letztendlich ist Remkes nur seinem eigenem Gewissen unterworfen – und es ist erstaunlich, wie schlecht das funktioniert. Nur durch äußeren Druck konnte der Minister zum Handeln bewegt werden.

NATALIE TENBERG