Volker Rühe soll nicht abbrennen

Schwarze Löcher in Nordfriesland: Auf Sylt, Amrum und Föhr und im Seebad St. Peter-Ording ist Feuerwerk verboten

Während der Rest der Republik böllert, ploppen auf Sylt nur dezent die Champagnerkorken: Die Insel der Schönen und Reichen ist frei von Raketen. Nicht nur sie: Auch die Nachbarinnen in der Nordsee, Amrum und Föhr, verbieten den Big Bang in der Silvesternacht. Nicht die Ruhe der Feriengäste soll geschont werden, sondern die brandgefährdeten Reetdächer.

So gingen in Wyk auf Föhr in den vergangenen Jahren mehrere Häuser in Flammen auf, weil sie von Knallköppen mit Knallkörpern beschossen worden waren. In diesem Jahr verschärften die Insulaner daher das Abbrennverbot: In „einem Umkreis von 200 Metern von reetgedeckten Anlagen, das heißt, innerhalb der Dorfgebiete“ darf kein Feuerwerk abgebrannt werden, teilt der Kreis Nordfriesland mit. Allerdings erlaubt Föhr, dass am Strand Raketen gezündet werden.

Nicht nur draußen im Meer, auch auf dem Festland existieren dunkle Flecken: Das Nordseebad St. Peter-Ording bleibt ebenfalls knallerfreie Zone, die Gründe sind dieselben. „Da gibt es ganze Gemeindeteile, die nur aus Reetdachhäusern bestehen“, weiß der Sprecher des Kreises, Hans-Martin Slopianka. „Da wohnen die reichen Leute –zum Beispiel Volker Rühe. Aber auch die sollen ja nicht abbrennen.“

Kleinere Gemeinden, die zwar reich an Reetdächern, aber arm an Prominenz sind, setzen auf Selbstregulierung statt auf behördliche Erlasse: Im 580- Einwohner-Dorf Drage, ebenfalls im Kreis Nordfriesland, trifft sich die Jugend zum gemeinsamen Raketenabschuss rund um das Gemeinschaftshaus. Das schont die Nerven der 40 Reetdachhaus- Besitzer.

Ob das offizielle Verbot tatsächlich viel bringt, weiß Slopianka nicht: „Ich glaube, es wird trotzdem geböllert. Aber deutlich weniger als in anderen Orten. Denn durch das Verbot ist die Polizei hinterher und schreitet ein.“ Und das kann Freunden lauter Silvesternächte die teuersten Knallfrösche ihres Lebens bescheren: Wer gegen das Abbrennverbot verstößt, zahlt bis zu 5.000 Euro.

Dabei brauchen die Küsten- und Inselbewohner die Knallerei eigentlich gar nicht: Immerhin wird in vielen Dörfern an der Westküste noch der gute alte Brauch des Rummelpottlaufens gepflegt: Kinder ziehen am Silvesterabend von Haus zu Haus, schlagen auf Töpfe oder trillern auf Pfeifen und verlangen Süßigkeiten. Das macht auch mächtig Krach und vertreibt angeblich alle bösen Geister.

Esther Geißlinger