Am Flughafen Tegel herrscht Bestürzung

Immer mehr Urlauber kehren aus den Katastrophengebieten in Südostasien zurück, manche nur in Hausschuhen und zerrissener Kleidung. Wie viele Berliner sich dort noch aufhalten, ist unklar. Noch keine Suchmeldung aus Berlin

Am Flughafen Tegel herrscht gedrückte Stimmung. Bei jedem Flug aus Frankfurt, München, Düsseldorf oder Zürich könnten Reisende aus den Katastrophengebieten in Südostasien dabei sein. Wie viele und wann sie landen? Genau scheint das keiner der Flughafenangestellten zu wissen. „Wir warten stündlich auf Informationen“, so Eberhard Eli, Pressesprecher der Berliner Flughäfen. „Aber die Fluggesellschaften geben uns keine Passagierlisten durch. Daher wissen wir auch nichts Genaues.“

Eine Mitarbeiterin der Flughafensicherheit ist sichtlich schockiert: „Heute morgen kamen welche aus Sri Lanka an, die waren teilweise nur in Hausschuhen und trugen zerlumpte Kleidung. Alle waren sie lädiert. Sie hatten Schrammen, trugen Pflaster und Verbände. Einer hatte sogar sämtliche Knochen gebrochen, der musste sofort ins nächste Krankenhaus transportiert werden.“ Die Rückkehrer sähen „irgendwie anders“ aus, berichtet die Mitarbeiterin. Man könnte ihnen ihre Erlebnisse ansehen. Viele hätten kaum Gepäck, und das wenige, was sie retten konnten, sei oft mit Schlamm beschmiert.

„Letztes Jahr war ich selbst in Sri Lanka, genau dort, wo jetzt alles verwüstet ist“, sagt die Frau und ist den Tränen nahe. Aber: „Was jetzt passiert ist, damit hat keiner gerechnet. Mir tun am meisten die Einwohner Leid: Sie haben keine Reiseversicherung und können nicht nach Hause zurückfliegen“, sagt sie bestürzt. „Die leben dort und müssen mit all dem Elend zurechtkommen.“

Acht Asienrückreisende hat die Pressestelle am Mittwoch gezählt. Woher genau sie kamen, wisse sie aber nicht. „Die waren alle arg mitgenommen“, bestätigt Eli. Der Vermisstenstelle des Landeskriminalamtes (LKA) liegt bisher keine Suchmeldung aus Berlin vor. Das Schicksal vieler Berliner Touristen ist aber weiterhin ungewiss, ebenso wie die Zahl der noch in Asien weilenden BerlinerInnen.

Die Aufgabe des Flughafenpersonals ist es unter anderem, die Urlauber vor der Presse zu schützen und mit ihren Angehörigen zusammenzubringen. „Die Betroffenen müssen selbst entscheiden, ob sie ein Interview geben möchten oder nicht.“ Die Reaktionen seien ganz unterschiedlich: „Manche sind einfach nur froh, endlich zu Hause zu sein, und manche müssen sich erst mal Luft machen und erzählen gerne über ihre schrecklichen Erfahrungen.“ Für den Notfall stünden ausgebildete Seelsorger zum Gespräch bereit.

Zum Schutz vor der Presse könnten die Reisenden auch Polizeischutz bekommen. „Einige Presseleute gehen wenig sensibel mit der Situation um“, berichtet der Sprecher. Sie würden weinende Menschen belästigen, die mit den Nerven am Ende seien. „Das geht natürlich nicht“, sagt Eli.

Der Deutsche Psychologenverband hat angesichts der Flutkatastrophe eine kostenlose Telefon-Hotline für die Betroffenen und ihre Angehörige eingerichtet. Die Hotline unter der Telefonnummer (08 00) 7 77 22 44 nehme heute um 8 Uhr ihre Arbeit auf, kündigte der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) gestern an.

Aus Anteilnahme am zehntausendfachen Leid durch die Flutkatastrophe hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD), ebenso wie die Bundesregierung, Trauerbeflaggung angeordnet. Bis einschließlich Montag werden die Flaggen an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast gesetzt, teilte Claus Guggenberger, Sprecher der Innenverwaltung, am Mittwoch mit.

Der SCC Running beteiligt sich an der Spendenaktion des Kinderhilfswerk Unicef für die Opfer der Flutkatastrophe. Sowohl der Silversterlauf als auch der Neujahrslauf werden unter dem Motto „Laufen für die Flut-Opfer in Asien“ stehen, wie ein SCC-Sprecher sagte. ANNA MECHLER

Spenden können an Unicef Berlin, Konto 56 56 566, Bankleitzahl 100 400 00, Commerzbank Berlin, Kennwort „Erdbeben Asien“, überwiesen werden.