Gute Laune, bitte, im Elendsparadies

Schon gehört? Bundespräsident Köhler richtet uns schöne Grüße „von Fatuma“ aus. Eine frohe Botschaft mit Härte

Es war der 24. Dezember, und allüberall im Land erhob sich eine Stimme: „Ich soll Sie übrigens von Fatuma grüßen.“ Wie bitte? Fatuma, sagte die Stimme weiter, das ist eine Frau aus dem äthiopischen Hochland. Die Stimme kam aus Radio und Fernsehen, die Rede von Horst Köhler.

Seine erste Weihnachtsansprache als Bundespräsident würzte Köhler mit der Grußbotschaft einer ehemals leprakranken Frau, die er kürzlich bei seiner Afrikareise kennen gelernt habe. „Sie hat mich gebeten“, erzählte der Festredner, „sagen Sie den Deutschen, wie dankbar wir sind.“ Deutsche Spenden hätten Fatuma geheilt, mit deutscher Hilfe arbeite sie in einem Landwirtschaftsprojekt.

Nun ist es nicht das erste Mal, dass Köhler uns Grüße aus Afrika überbringt – ob im März bei seiner Vorstellung als Kandidat, im Dezember bei einem Vortrag in Tübingen oder danach in den Interviews von seiner Afrikatour, seine Botschaft ist stets die gleiche: In Afrika gebe es „große Probleme und tiefe Not“, aber darüber solle nicht „das Positive“ vergessen werden, „die Farben, die Landschaft und die Würde der Frauen in ihren farbigen Gewändern, trotz der Armut“. Vor allem die Würde der Frauen in ihren farbigen Gewändern hat es dem Präsidenten angetan.

Dass den Bundespräsidenten Afrika schon beeindruckt, seit er als Währungsfondschef das erste Mal Mali bereiste, ist ja nicht unsympathisch. Doch Köhlers frohe Botschaft hat ihre Härten.

Trotz „großer Probleme und tiefer Not“ gute Laune zu bewahren – das wünscht sich der erste Mann im Staat vor allem von seinen Deutschen, pünktlich zum Start von Hartz IV. Wer wagt da noch zu jammern, wenn sogar Fatuma lächelt, in ihren bunten Gewändern? Wer mag im Ernst einen Ein-Euro-Job ablehnen, wo sich die Frauen in Äthiopien mit der Harke über ihre kargen Böden bücken? „Die Tatkraft der afrikanischen Frauen ist sein Maßstab für die Bundesbürger“, befand letzthin der Spiegel. Wenn der Afrikaner noch lacht, kann sich doch, bitte schön, der Bundesbürger allemal freuen.PATRIK SCHWARZ