Ströbele: „Im Bundestag denk ich an Rudi“

HANS-CHRISTIAN STRÖBELE, 65, ist MdB (Die Grünen). In den 70ern war er RAF-Anwalt:

An Rudi Dutschke denke ich heute dann, wenn mich jemand fragt, ob ich mich verändert habe oder mir selbst treu geblieben bin. Dann erinnere ich mich, dass ich mit der APO und Dutschke der Meinung war, die Atomkraft sei ein Segen für die Menschheit, sie könne ein besseres Leben für alle bringen. Diese scheinbar unendliche Energiequelle schien menschliche Arbeit zu einem Großteil verzichtbar zu machen. Dutschke war Visionär und redete von der Vision einer Gesellschaft, in der immer weniger gearbeitet werden muss. Erst die Antiatombewegung brachte ein Bewusstsein für die unverantwortbaren Risiken dieser Energie. Wir mussten radikal umdenken, auch Rudi, und haben uns der neuen Erkenntnis und Bewegung angeschlossen. Dutschke blieb seinen Prinzipien treu, war aber genauso bereit, Sichten zu Einzelfragen zu ändern, wenn sie sich als falsch herausstellten. Eine solche Haltung schätze ich an Menschen auch heute. Manchmal im Bundestag frage ich mich, ob er hier neben mir sitzen und welche Position er vertreten würde, wenn er noch lebte. Solche Gedanken kommen mir besonders dann, wenn ich mit Bedauern höre und sehe, wohin sich manche von all dem wegentwickelt haben, warum wir die Revolution machen wollten.“