Alles läuft wie geschmiert

Dass der Stromkonzern RWE den CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sponsert, sorgt für Aufregung. Dass Wirtschaftskorruption in Berlin und Brandenburg alltäglich ist, bleibt meist im Verborgenen

VON ULRIKE KOPETZKY

Bankgesellschaft, Tempodrom und ein mutmaßliches Baukartell beim Flughafen Schönefeld. Hotspots in Berlin, die nur die Spitze des Eisbergs in einem Potpourri von Wirtschaftsdelikten wie Bestechung oder Untreue darstellen. Dabei funktioniert Korruption als Schmierstoff.

Besserung ist nicht in Sicht, so die Zentralstelle zur Korruptionsbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft in Berlin. Ganze 1.646 Ermittlungsverfahren wurden seit 2001 in der Hauptstadt eingeleitet, davon allein 349 in diesem Jahr.

Die kleinen Fische der „situativen Korruption“, wie die Bestechung von Polizeibeamten oder Mitarbeitern von Sozialämtern und Kaufhausdetektiven, schlagen in der Geldschadensstatistik kaum zu Buche. Um Riesensummen geht es bei der „strukturellen Korruption“, die zunimmt.

Laut Uwe Schmidt, leitender Kriminaldirektor beim LKA 3 in Berlin, ist die Baubranche ein „immer durchgehender Schlager“. 10 Prozent der Bauvorhaben, bei denen das LKA ermittelt hat, erwiesen sich als überteuert. Geschmiert wird bei öffentlichen Ausschreibungen, um an Informationen über Mitbewerber zu gelangen oder Aufträge zu bekommen. Und eben Preisabsprachen zwischen Firmen, wie sie in Schönefeld vermutet wurden. Dazu hält sich Schmidt bedeckt, denn nachgewiesen ist nichts. Besonders elegant ist inzwischen der Weg über „geldwerte Vorteile“ statt Bargeld. Da gibt es beim Zuschlag für einen Bauauftrag schon mal ein preiswertes Einfamilienhaus.

Rangiert die Baubranche seit jeher auf Platz eins, folgt auf sie – neben der Bankwirtschaft und dem Gesundheitssektor – das Beschaffungswesen, sei es die Software für Bezirksämter und die Agentur für Arbeit oder die Ausrüstung für die Polizei. Das gilt auch für leitende Angestellte bei Großkonzernen wie Karstadt, die Waren zu überteuerten Preisen ordern – „Provision inklusive“. Das bezahlt die Kundschaft.

Für die Finanzämter bedeutet das laut Schmidt weniger Steuern, der Schaden für die Allgemeinheit ist erheblich. Die konsequente Anwendung des Strafrechts könnte den Tätern die Beute abjagen. „Vermögensabschöpfung!“ ist daher sein Credo.

Schon bei den Ermittlungsverfahren kann man bei Durchsuchungen das Auto konfiszieren, die Konten pfänden und eine Zwangshypothek auf Häuser eintragen lassen. „Dann können sie keine Beine mehr bekommen“, sagt Kriminaldirektor Schmidt lapidar. Im Klartext: Die Täter können nicht mehr entwischen, zudem wird ihnen das Kapital zur Finanzierung langer Instanzenwege entzogen.

Allerdings geben das LKA Berlin und Brandenburg im Gegensatz zum Bundeskriminalamt ihre „Landeslagebilder Korruption“ nicht heraus. Gemessen an Berlin ist die Zahl der Brandenburger Ermittlungsverfahren gering, auch wenn im Sommer in Neuruppin die „XY-Bande“ mit dem Unternehmer und CDU- Stadtverordneten Olaf Kamrath für Schlagzeilen sorgte. Illegale Geschäfte im Drogenhandel, Glücksspiel und Zwangsprostitution wurden von Verwaltung und Polizei gedeckt. Auch Neuruppins PDS-Bürgermeister Otto Theel geriet unter Verdacht.

2003 gab es in Brandenburg laut LKA 37 Korruptionsdelikte und 9 Fälle mit Verdacht auf Straftaten gegen den Wettbewerb. Michael Lemke, Ministerialdirigent im Justizministerium, empfiehlt, Korruptionsfälle in Unternehmen zum einen strafrechtlich, aber auch auf dem zivilrechtlichen Weg mit Bußgeldverfahren zu verfolgen: „Dies ist verfahrensrechtlich einfacher, es geht schneller und dient ausdrücklich der Abschöpfung unredlich erworbener Gewinne.“