„Die DDR verdient keine Sympathie“

SED-VERGANGENHEIT Hubertus Knabe kennt die Wahrheit über Die Linke: Sie ist eine zutiefst demokratiefeindliche Partei. Das zumindest behauptet er in seinem neuen Buch

■ ist Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, des früheren zentralen Stasi-Untersuchungsgefängnisses der DDR.

■ „Honeckers Erben. Die Wahrheit über Die Linke“. Propyläen Verlag, Berlin 2009, 447 Seiten, 22,90 Euro Foto: Rolf Zöllner

taz: Herr Knabe, Ihr Buch ist eine rigorose Abrechnung mit der Linkspartei. Warum können Sie kein gutes Haar an ihr lassen?

Hubertus Knabe: Weil zwischen Schein und Sein dieser Partei eine ungeheure Diskrepanz besteht. Das fängt an bei den zahllosen belasteten Altkadern aus der früheren DDR, die heute in der Partei hohe Funktionen ausüben. Es geht weiter über die permanente Verharmlosung der SED-Diktatur und hört beim kriminellen Verschwindenlassen eines Milliardenvermögens auf. Diese Partei hat sich nur durch eine systematische Täuschung der Öffentlichkeit – und immer neue Namen – unbeschadet in die neue Zeit retten können.

Übertreiben Sie da nicht?

Linke Diktaturen werden in Deutschland häufig milder beurteilt als rechte. Viele Meinungsführer hatten zudem vor 1989 ihren Frieden mit der DDR gemacht und neigen deshalb auch heute noch dazu, die SED-Diktatur als halb so schlimm zu kennzeichnen. Von daher erinnert mich die Situation ein wenig an die 60er-Jahre, als viele, die das NS-Regime miterlebt hatten, sehr milde auf diese Zeit zurückblickten.

Ist Ihre Gleichsetzung von brauner und roter Diktatur nicht etwas schlicht?

Eine Gleichsetzung der beiden Systeme verbietet sich schon aufgrund ihrer Unterschiede. Aber ein Vergleich kann sehr erhellend sein. Gerade weil wir in Deutschland eine doppelte Diktatur-Erfahrung haben, können wir zum Beispiel viel aus den Fehlern lernen, die nach dem Nationalsozialismus gemacht worden sind. Es hat ja schrecklich lange gedauert, ehe ein gesellschaftlicher Konsens hergestellt wurde, dass es sich um ein widerwärtiges, menschenverachtendes Regime handelte. Umso bedauerlicher ist es, dass wir uns bei der kommunistischen Diktatur wieder so schwertun, obwohl die Dinge doch auf der Hand liegen. Ein Regime, das über 200.000 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert hat, verdient keine Sympathie.

Welche Fakten haben Sie für die Behauptung, „Die Linke“ sei nicht in der Lage, ihre SED-Vergangenheit abzustreifen?

Einer ihrer wichtigsten Frontmänner, Gregor Gysi, hat es durch eine regelrechte „Klagewut“ geschafft, die Diskussion um seine Person zu zensieren. Kaum ein Journalist traut sich mehr, über seine Verbindung zur Staatssicherheit zu schreiben. Dass er gegen mein Buch nicht vorgegangen ist, zeigt eigentlich nur, wie recht ich habe. Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit Stasi-Akten und ich kenne wenige Fälle, in denen die Sachverhalte so klar und deutlich dokumentiert sind; etwa die Gespräche mit seinen früheren Mandanten, wie Rudolf Bahro, die dann allesamt bei der Staatssicherheit gelandet sind. Alles, was Herr Gysi dazu gesagt hat, zeigt, dass er nicht willens ist, dieses Leben in der Lüge zu beenden. Schlimmer noch als das, was er damals gemacht hat, ist eigentlich, wie er heute damit umgeht, und das ist auch bei vielen anderen so, die sich für „Die Linke“ starkmachen.

INTERVIEW: AGNES STEINBAUER