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: Zu kurz gedacht, Lea Rosh!

Was uns in knapp fünf Monaten erwartet, darauf gab es nun einen Vorgeschmack: Das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ ist fast fertig – doch die Diskussionen gehen weiter. Auch 17 Jahre nach Beginn der Debatte um dieses weltweit einzigartige Projekt sind die Auseinandersetzungen immer noch nicht beendet. Und genau das wollte sein Architekt Peter Eisenman. Das Mahnmal als ständiger Seismograph deutscher Befindlichkeiten, ein Stück „work in progress“, die Debatte als Teil des Kunstwerks. Es hat lange gedauert, bis weitere Teile der Öffentlichkeit dies verstanden haben.

KOMMENTARVON PHILIPP GESSLER

Insofern war die Forderung Eisenmans immer konsequent, auf eine Bewachung, auf Graffiti-Schutz und erst recht auf eine Art Bannmeile um das Mahnmal zu verzichten. Wenn es denn rechten Vandalismus, Hakenkreuz-Schmierereien oder Neonazi-Demos am Denkmal geben sollte, zeigt das nach Ansicht des New Yorker Architekten eben die Lage der Berliner Republik – und ihre Probleme. Peinlich, ja schmerzhaft sind solche geistigen oder materiellen Beschmutzungen des Mahnmals, klar. Und – Ogottogott! – was wird erst das Ausland denken!

Bundestagspräsident Thierse hat Recht, wenn er sagt, dies wird ein „anstößiges Denkmal“ sein, mit dem die Deutschen immer ihre Probleme haben werden – wie anders bei dem Thema, das das Mahnmal hat? Deshalb ist es auch zu kurz gedacht, wenn Lea Rosh eine Bannmeile für rechtsextremistische Versammlungen um das Eisenman’sche Objekt fordert, damit die NPD keine „Faxen macht“, wie sie so schön sagt.

Nein, wir werden die Demonstrationen der Neonazis an diesem deutschen Ort ertragen müssen. Es gibt diese Menschen eben in Deutschland. Noch besser wäre es allerdings, sich ihnen in den Weg zu stellen.