MÖLLEMANN UND DIE FDP
: Absturz

Es gibt keinen Hinweis, der zweifeln ließe: Jürgen W. Möllemann hat sich im Juni freiwillig in den Tod gestürzt. Seither wurde noch verständlicher, warum er keinen Ausweg sah. Neue illegale Spenden tauchten auf; sie reichen zurück bis ins Jahr 1996. Die Liberalen, so schätzt der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim, werden etwa fünf Millionen Straf-Euro an den Bundestagspräsidenten überweisen müssen.

Der Egomane Möllemann wusste, dass er für immer verloren hatte, was für ihn einzig zählte: Aufmerksamkeit. Sein Buch „Klartext“ wollte kaum jemand lesen; die Bundestagsfraktion hatte ihn ausgeschlossen. Die Partei hatte er selbst verlassen, doch eine neue ließ sich nicht gründen. Allensbach ermittelte im Februar, dass nur drei Prozent der Bevölkerung eine Möllemannpartei „vielleicht“ wählen würden.

Mit seinem antisemitischen Flugblatt zur Bundestagswahl hatte sich Möllemann unmöglich gemacht – aber wie war er möglich geworden? Möllemann war eben nicht nur irrational, starrsinnig und selbstverliebt, er war zugleich das Talent seiner Partei. Es hätte sein stets lebhaftes Rachebedürfnis befriedigt, wenn er hätte erleben können, dass sein Todessturz auch die FDP stürzen ließ. Seitdem Möllemann nicht mehr lebt, ist das Interesse an den Liberalen erloschen.

Sie fallen nur noch in der Negation auf. Die FDP, das ist die Partei, die kein Programm hat. Ihr Berliner Fraktionschef Martin Lindner diagnostizierte „Ängstlichkeit, Inkonsequenz und Oberflächlichkeit“. Die FDP, das ist zudem ein kaum kaschiertes Personalproblem. Es verblüffte, als ein Konteradmiral Hamburger Schulsenator wurde. Es verblüffte nicht, dass er seine fachfremde Kommandobrücke jüngst vorzeitig verlassen musste.

Auch Möllemanns finanzielle Wurschtigkeit ist der FDP keineswegs ganz fremd. Das gilt zumal für Schatzmeister Rexrodt, der die Möllemann-Affäre gern nutzte, um als Kämpfer für ein sauberes Spendenwesen zu posieren. Doch als Finanzvorstand der Beratungsfirma WMP hat Rexrodt schamlos die Interessen seiner Kunden Vattenfall und E.ON bedient. Wie ein scheinbar neutraler Bundestagsabgeordneter schrieb er Zeitungskommentare, die den Stromkonzernen gelegen kamen. Möllemann passte eben zur FDP, auch wenn dies den Liberalen gar nicht passt. ULRIKE HERRMANN