Nahverkehr wird schön teuer

Im Münsterland pendeln jetzt Züge mit Komfort, Hublift und Wickeltisch. Ob sich auch genügend Fahrgäste finden werden, ist fraglich: Ab 2005 erhöhen sich die Ticketpreise um fünf Prozent

VON GESA SCHÖLGENS

Kaffee am Sitzplatz zwischen Essen und Mönchengladbach: Der Rhein-Haard-Express macht es möglich. Gestern meisterte er seine Jungfernfahrt auf der 147 Kilometer langen Haardachse – von Münster bis nach Mönchengladbach. Seine kleine Schwester ist die neue Haard-Bahn. „In beiden Zügen wurde die Qualität der Ausstattung deutlich verbessert“, freut sich VRR-Sprecher Hans Oehl. Wie im IC gibt es Snackwagen für hungrige Gäste. Betreiber der Züge bleibt die DB AG.

Ein neues Kind im Rennstall des VRR ist auch die Westmünsterland-Bahn. Seit Dezember pendelt der Zug der Prignitzer Eisenbahn GmbH zwischen Dortmund und Enschede. Für Reisende gibt es mehr Komfort wie Wickeltische auf den Toiletten. Ebenso gemütlich sind auch die 21 neuen Züge des Sauerlandnetzes geraten.

Doch das bequemere Reisen hat einen Preis: Im kommenden Jahr wird der Nahverkehr teurer. Ab Januar müssen Kunden durchschnittlich 4,5 Prozent mehr berappen. „Wir haben versucht, die Kosten auf sämtliche Kunden umzulegen,“ sagt Oehl. Stammkunden sind dennoch weniger betroffen als Gelegenheitsfahrer. Schuld an den teureren Tickets sind Kürzungen des Bundes bei den Ausgleichsleistungen für Auszubildende ab 2005. Auch die Schwerbehinderten-Erstattung soll beschnitten werden. Dadurch verlieren die Verkehrsbetriebe Einnahmen in Höhe von etwa 21 Millionen Euro.

Die Verbände „Verkehrsclub Deutschland“ (VCD) und „Pro-Bahn“ reagieren eher verständnisvoll: „Natürlich ist die Preiserhöhung bedauerlich, aber das hohe Defizit der Verkehrsverbände liefert eine überzeugende Begründung“, sagt etwa VCD-Sprecher Jürgen Eichel. Die Schuld liege nicht beim VRR, sondern bei den Regierungen. Erbost über die Kürzungen bei Behinderten und Azubis ist auch Dominik Vinbruck, Vorsitzender von „Pro-Bahn-Ruhr“:„Der Bund spricht von Subventionsabbau – dabei geht es um Daseinsvorsorge.“

Die Tarifänderungen in 2005 sind nur ein Anfang. Im Gespräch ist eine „große“ Reform der Tarifstruktur ab 2006. Bislang gibt es drei Preisstufen, darunter eine für den ganzen VRR-Bereich. „Die Überlegung ist, eine vierte Stufe einzuführen“, sagt Vinbruck. Denkbar seien auch Einschnitte in der zweiten Preisstufe. Der VRR wollte sich indes noch nicht zu den neuen Tarifen äußern.