Afrikas Musterschüler

In vorbildlichen Wahlen ist Ghanas Präsident John Kufuor bestätigt worden. Jetzt drängen Alltagsprobleme

MOMBASA taz ■ Das westafrikanische Ghana hat allen Grund, stolz auf sich zu sein. In einer nahezu komplett ereignisfreien Präsidentschafts- und Parlamentswahl haben die 20 Millionen Ghanaer am Dienstag ihren Präsidenten John Kufuor wiedergewählt. Der 65-jährige Politiker erhielt rund 53 Prozent der Stimmen, gegen rund 44 Prozent für seinen wichtigsten Herausforderer John Atta Mills. Die Wahlbeteiligung unter den 11 Millionen registrierten Wählern lag bei über 80 Prozent.

An dem korrekten Ablauf der Wahl bestand nach Angaben aller Wahlbeobachter kein Zweifel. Das ist ein großer Fortschritt in einem Land, das nach seiner Unabhängigkeit 1958 Jahrzehnte der Instabilität und der Militärdiktatur erdulden musste. Zumal Ghana zwischen Togo und der Elfenbeinküste liegt – zwei Ländern, die es noch nie geschafft haben, ordentliche freie Wahlen abzuhalten. Afrikas demokratischer Musterschüler sieht sich nun als Held. „Wir stehen bereit, in jedem Land der Welt Wahlen zu überwachen, wo erfahrene Beobachter gebraucht werden“, tönte die ghanaische Internetzeitung Ghana News, „Ukraine, Großbritannien, USA!!“

Besondere Genugtuung empfinden Ghanaer darüber, dass sie jetzt endgültig bewiesen haben, politisch stabiler als der mächtige westafrikanische Rivale Nigeria zu sein. Ein Reporter der nigerianischen Tageszeitung This Day jubelte am Donnerstag seitenlang über den ruhigen Wahlablauf und schlussfolgerte: „In Ghana gibt es zwar kein Geld, wie wir es in Nigeria haben, aber es gibt inneren Frieden.“

Dass Ghana friedlich geblieben ist, während die benachbarte Elfenbeinküste in den Bürgerkrieg schlitterte, gilt als das größte Verdienst Kufuors, der Ghana seit Ende 2000 regiert. Damals löste er in freien Wahlen Exmilitärdiktator Jerry Rawlings ab. Kufuor wird nun in seiner zweiten Amtszeit endlich die Versprechen auf ökonomische und soziale Verbesserung einlösen müssen, auf die das Land seit 2000 vergeblich wartet. Noch immer ist Ghana eines der ärmsten Länder der Region, trotz seiner Attraktivität für ausländische Investoren. Ein am Boden liegendes Bildungssystem, himmelschreiende Armut, zunehmende Aktivitäten bewaffneter Straßenräuber – dies machten Kommentatoren jetzt als Kufuors Aufgaben aus. Aber sie wissen alle, was für ein Luxus es ist, dass Ghana sich überhaupt um solche Alltagsprobleme kümmern kann, statt politische Krisen lösen zu müssen.

DOMINIC JOHNSON