berliner szenen Dawn of the Dead

Im Ambrosius

„Satan! Saatan!“ Der Mann in der speckigen Tweedjacke scheint jemanden im Raum zu sehen und schreit ihn mit hasserfülltem Gesicht an. Doch hier tanzen nur die betrunkenen Omas und lachen laut, wenn ihnen einer der umhertorkelnden Männer in den Hintern kneift.

Wir haben uns also tatsächlich getraut, in die „kleinste Brauerei Berlins“ zu gehen, das „Ambrosius“ an der Sonnenallee, wo man „Mampfen fast umsonst“ verspricht. Die Preise mit dem großen Hausbier zu 1 Euro und dem Holzfällersteak mit Bratkartoffeln zu 3,40 Euro sind tatsächlich nicht gerade überzogen. Die Exzentrik der Gäste allerdings schon. Nachdem der Alte noch ein wenig mit der Klotür geschimpft hat, tritt er an unseren Tisch. „Waren Sie aktiv?“, fragt er in bellendem Ton. „Kommt drauf an, was sie meinen: Worin aktiv?“ „Ich habe gefragt, OB SIE AKTIV WAREN!“ „Äh, jaa?“ „AKTIV! Sie haben gar nichts kapiert, vergessen Sie’s!“ Zum Glück geht er tanzen, bevor wir das Jägerschnitzel bekommen.

Unser Appetit hält sich in Grenzen: Rauchschwaden durchziehen den Raum, und die größtenteils zahnlosen Sixtysomethings trinken Korn zum Fuselwein. An ruhiges Essen, gar ein gesittetes Tischgespräch ist bei den allgemeinen Folgen dieses tödlichen Promille-Dopings nicht zu denken. Das Raumdekor erinnert bestenfalls an die fertigsten Szenen in den Filmen Rainer Werner Fassbinders, aber eigentlich hat man eher den Eindruck, unerwarteterweise in einem Zombiefilm mitzuspielen. Das Männerklo steht offen, und die vorbeigehenden Frauen werden von grinsenden Typen mit dem Schwanz in der Hand begrüßt. „Dawn Of The Dead“ steht über einem der Pissoirs. Selten machte ein Klospruch so viel Sinn. JAN SÜSELBECK