Rheinberg recherchiert Radioaktivität

Ab Februar 2005 werden in 300 Häusern am Niederrhein die Radonwerte gemessen. Die Stadt Rheinberg will Klarheit über Gesundheitsgefahren. Befürchtet wird eine erhöhte radioaktive Belastung durch Steinkohle-Bergbau

NIEDERRHEIN taz ■ Die Stadt Rheinberg will als erste nordrhein-westfälische Kommune eigene flächendeckende Untersuchungen zur Konzentration von Radon in Wohnungen durchführen lassen. Voraussichtlich im Februar sollen 300 Häuser mit so genannten Dosimetern ausgestattet werden, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kostenlos zur Verfügung stellen wird. „Wir wollen einfach wissen, ob sich die Bürger in Rheinberg darum Sorgen machen müssen“, sagt Klaus-Dieter Henne, Beigeordneter der Stadt Rheinberg.

Aufgrund der jahrzehntelangen Bergbauaktivitäten und den damit verbundenen Bergabsenkungen könnte das Radon es leichter haben, in Gebäude einzudringen. Der Bergbau sei aber nur ein Beurteilungsfaktor: „Dazu kommen noch Gebäudetyp und Geologie“, sagt Jens Wiegand, Geologe der Universität Würzburg, der mit dem Vorsitzenden der Strahlenschutzkommission, Wolfgang-Ullrich Müller, die Ergebnisse bewerten soll. Die Untersuchung war von der Schutzgemeinschaft Bergbaubetroffener (SGB) im Rahmen eines Runden Tisches angeregt worden, der sich mit den Strahlungen der im Rheinberger Altrhein und in der ‚Fosssa Eugeniana‘ gefundenen radioaktiven Sedimente beschäftigt. Die Deutsche Steinkohle AG (DSK) beteiligt sich an der Finanzierung der Untersuchung – „Wenn es da einen Bergbaueinfluss gibt, wollen wir das wissen und dementsprechend reagieren“, sagt Peter Fischer, stellvertretender Markscheider der DSK.

Das Edelgas Radon entsteht beim spontanen radioaktiven Zerfall von Uran. Laut Wiegand, ist es für sieben Prozent der Lungenkrebsfälle in Deutschland verantwortlich – „immerhin 3.000 Menschen“. Bislang bestätigen zwei so genannte epidemiologische Studien die Gefahr von Radon, sagt Peter Lohe von der SGB. Auch das Bundesumweltministerium hat einen Bericht zur Radonbelastung vorgelegt. Zuletzt sei ein „Radonschutzgesetz“ im November in Berlin diskutiert worden, so Lohe: „Welche endgültigen Werte da gelten sollen, ist noch offen.“

Im Mittel sind in Deutschland 50 Becquerel pro Quadratmeter in Wohnungen zu finden, meint Jens Wiegand. Bei 40 Becquerel bestehe schon ein höheres Risiko – bei 100 Becquerel steige dies um zehn Prozent.

Dirk Jansen vom BUND NRW begrüßt die Untersuchung: „Ob das auf den Steinkohle- oder auch Braunkohlebergbau zu übertragen ist, sei dahingestellt. Aber es bestätigt unsere Kritik, dass das bisher ein unbeackertes Feld ist, das beleuchtet werden muss und nicht nur der Schwarzwald oder der Osten mit sowas zu tun hat.“ ALEXANDER FLORIÉ