Markgrafen auf dem Tieflader

GESCHICHTSPARK Das Denkmal der Markgrafen Johann I. und Otto III. zieht um in die Zitadelle Spandau

Fünf Paar starke Arme, einen Autokran und einen Tieflader braucht es, um das tonnenschwere Doppelstandbild der Berlin-Gründer vom Kreuzberger Lapidarium zur Spandauer Zitadelle zu bringen. Die Skulptur der Markgrafenbrüder Otto III. und Johann I. gehörte einst zur Siegesallee, die im Tiergarten mit überlebensgroßen, antikisierenden Marmorskulpturen den Herrschern Preußens und Brandenburgs huldigte. 2012 sollen alle 26 verbliebenen Standbilder restauriert und Teil der neuen Dauerausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ sein.

Mit seinen stolzen 2,75 Metern beugt sich der aus Marmor gehauene Markgraf Otto III. über seinen Bruder, den zwei Jahre älteren Markgrafen Johann I. Dieser hält in seinen Händen die Urkunde, mit der Berlin und seine Schwesterstadt Cölln um 1230 das Stadtrecht erhielten. Die beiden Markgrafen aus dem Geschlecht der Askanier regierten die Mark Brandenburg bis zum Tod Johanns in beispielloser Eintracht. Der Umzug ihres Denkmals am heutigen Mittwoch vom Lapidarium im Kreuzberger Pumpwerk am Halleschen Ufer auf die Renaissancefestung Zitadelle Spandau wäre wohl im Sinne des Brüderpaars gewesen. Denn auch als Berlin wirtschaftliche Erfolge feierte, blieb Spandau ihre bevorzugte Residenz.

Die Skulptur der beiden Markgrafen blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Als Bestandteil der Siegesallee ließ Wilhelm II., letzter Deutscher Kaiser und König Preußens, sie zwischen 1898 und 1901 im Tiergarten errichten. Doch die Berliner wussten sein historisierendes und das Kaiserreich glorifizierende Werk nicht richtig zu schätzen. „Puppenallee“ spotteten sie, bisweilen auch „Nippes-Avenue“.

Im Zuge der größenwahnsinnigen Stadtplanung Albert Speers wurden die Marmorskulpturen dann in die Große Sternallee verfrachtet. Als die Alliierten diese 1947 einebneten, zog das askanische Brüderpaar wieder um. Bis 1954 standen die Denkmäler am Schloss Bellevue. Dann ließ der damalige Landeskonservator sie sicherheitshalber im Schlosspark vergraben.

Erst 1978 wurden sie wieder ausgebuddelt und provisorisch im Kreuzberger Pumpwerk untergebracht. Nun soll hier eine Werbeagentur einziehen und die Markgrafen müssen wieder auf den Tieflader. Ab nach Spandau in die Zitadelle, wo sie ihr Vorgänger Albrecht der Bär bereits erwartet. MARLENE GIESE