Steigender Bedarf an Ethiklehrern

LEHRERAUSBILDUNG Humboldt-Uni vermittelt philosophische Grundlagen und Willen zum Wissen

Der „Pro-Reli“-Volksentscheid am 26. April fiel deutlich aus: Ethik bleibt weiterhin Pflichtfach in den Schulklassen 7 bis 10, Religion kann nur zusätzlich gewählt werden. Wochenlang hatten die Anhänger beider Lager Reli und Ethik in eine scheinbar unvereinbare Opposition zueinander gestellt. Das Institut für Philosophie der Humboldt-Universität möchte das Fach nun wieder aus der bloßen Gegenüberstellung zur Religion befreien. Pro Jahr beginnen dort rund 40 junge Menschen ein Ethikstudium mit Lehramtsoption.

Durch seine Anbindung an das Institut für Philosophie setzt der entsprechende Studiengang Philosophie/Ethik weniger religionswissenschaftliche als vielmehr philosophische Schwerpunkte. „Zentrales Anliegen unseres Instituts ist es, die Studierenden mit einem soliden philosophischen Wissen und einer kritischen Reflexionskompetenz und Urteilsfähigkeit auszustatten“, sagte Thomas Schmidt, Professor für Praktische Philosophie/Ethik am Montag. Nach dem Studium an der HU sollen die Absolventen in der Lage sein, kontroverse Positionen im Hinblick auf die Frage nach der Stellung des Menschen in der Welt und nach moralischer Orientierung wahrzunehmen und kritisch einzuschätzen.

Zwar seien Ethik und Religion nicht vollständig von einander zu lösen, erklärt Volker Gerhardt, ebenfalls Professor am Institut für Philosophie. Doch die Forderung der Kirchen und von „Pro Reli“ nach einer weiteren Stärkung von Religion im Lehrplan könne er nicht nachvollziehen. Gerhardt war Vorsitzender der vom Senat eingesetzten Kommission zur Ausarbeitung der Rahmenrichtlinien für den Ethikunterricht. „Die verschiedenen Religionen sind in dem von uns ausgearbeiteten Lehrplan ausreichend vertreten“, sagte Gerhardt.

Außerdem weist er darauf hin, dass es ausdrücklich erwünscht ist, Vertretern unterschiedlicher Religionsrichtungen in den Ethikunterricht einzuladen. Wie solche Besuche in den Schulalltag integriert werden können, konnte Gerhardt leider nicht erläutern: „Das weiß ich nicht, ich kenne das nicht aus der Schule.“ Damit zeigte er das Problem der Diskrepanz zwischen universitärer Theorie und praktischer Umsetzung des Gelernten in den Schulen deutlich auf.

Sowohl das Institut als auch die Senatsverwaltung für Bildung rechnen in den kommenden Jahren mit einem verstärkten Bedarf an Ethiklehrkräften.

TERESA SITZMANN