Visite im südspanischen El Ejido

Eine Delegation des europäischen Bürgerforums untersucht die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen nordafrikanischer Einwanderer sowie den Rassismus

MADRID taz ■ „Die Gewalt gegen Einwanderer nimmt wieder zu“, erklärt Raymond Gétaz vom Europäischen Bürgerforum. Der Schweizer ist Mitglied einer zehnköpfigen internationalen Delegation, die gestern einen mehrtägigen Besuch im südspanischen El Ejido beendete. Auf Einladung der andalusischen Landarbeitergewerkschaft SOC waren die Mitglieder verschiedener europäischer Bürgerrechts- und Immigrantenorganisationen sowie Verbänden aus der Landwirtschaft in den Ort gereist, der vor drei Jahren durch massive Ausschreitungen gegen meist nordafrikanische Immigranten in die Schlagzeilen geriet.

Insgesamt zählte die Delegation zwanzig Aggressionen gegen Ausländer seit Mitte August. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß keiner zu sagen. Mindestens ein Fünftel der 25.000 in El Ejido lebenden Einwanderer haben keine Aufenthaltsgenehmigung und trauen sich deshalb nicht, Überfälle anzuzeigen. „Der letzte Übergriff fand am Vorabend unserer Ankunft statt“, berichtet Gétaz. Ein Marokkaner wurde auf der Landstraße von zwei Jugendlichen auf einem Motorrad angesprochen. „Als sie merkten, dass er kein Spanier war, schlugen sie ihn brutal zusammen“, sagt Gétaz. Dabei wurde ihm eine Handfläche aufgeschlitzt.

„Es ist für die Immigranten schwer, sich zu schützen“, erklärt Gabriel M’Bikine von der Gewerkschaft SOC. Wenn sie in Gruppen unterwegs sind, laufen sie Gefahr, von der Polizei kontrolliert zu werden – und viele haben keine Papiere. „Sind sie alleine unterwegs, werden sie Opfer von Überfällen durch Jugendbanden“, führt M’Bikine aus. Die Polizei schaue dabei weg.

Für Nicolas Duntze vom Vorstand der französischen Confédération paysanne sind die Zustände in El Ejido „die Folge der Liberalisierung der industriellen Landwirtschaft“. Der Großhandel würde die Preise immer weiter drücken, deshalb müsse billiger produziert werden. In El Ejido leben 25.000 Immigranten, in der Region um die Provinzhauptstadt Almería 100.000. Der Sprecher der durch die Antiglobalisierungsaktionen ihres Vorsitzenden José Bové bekannt gewordenen Gewerkschaft überzeugte sich vor Ort von den schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Einwanderer. Der Tageslohn beträgt 30 Euro. Die meisten der nordafrikanischen Landarbeiter leben in Slumhütten, die aus Abfällen des Baus der Folienzelte für den Gemüseanbau zusammengezimmert wurden. Und nach Angaben der Delegation stehen in der Region über 3.000 Wohnungen leer. REINER WANDLER