In Sachen „Siggi“ Lenz
: Erleuchtung beim Krabbenpuhlen

Peter Harry Carstensen, so wird erzählt, werde öfters in Husum beim Krabbenpuhlen gesehen. Er blickt dann über den Hafen und grübelt, denn Peter Harry Carstensen ist Vorsitzender der CDU- Schleswig-Holstein und will an die Macht.

Sein Problem: In Schleswig-Holstein ist schon Heide Simonis an der Macht, und weil sie das ist, kann die Ministerpräsidentin Dinge tun, die Peter Harry Carstensen verwehrt sind. Zum Beispiel kann sie mir nichts, dir nichts einen berühmten Schriftsteller, der seine Sommerferien gerne in dem Dörfchen Tetenhusen bei Flensburg verbringt, zum Ehrenbürger von Schleswig-Holstein ernennen. So geschehen am Donnerstag in Lübeck, wo sie Siegfried Lenz die Ernennungsurkunde überreichte, unter den Augen von Bundeskanzler Schröder und Exbundeskanzler Helmut Schmidt.

Schmidt sagt, sein Freund „Siggi“ sei ein „Ombudsmann des menschlichen Anstands“, Schröder sagte auch irgendwas, und Simonis sagte, Lenz habe Schleswig-Holstein und seinen Menschen „ein literarisches Denkmal nach dem anderen“ gesetzt, worauf Lenz antwortete, er wisse jetzt, wo er hingehöre. In Wirklichkeit lebt Lenz in Hamburg, aber das tut hier nichts zur Sache.

Der ganze Vorgang muss Peter Harry Carstensen schwer gekränkt haben. Er konnte niemanden zum Ehrenbürger ernennen, aber irgendwas musste er tun. Vielleicht kam ihm die Idee beim Krabbenpuhlen in Husum, jedenfalls schrieb er einen Brief. Es war ein sehr persönlicher Brief, eine Sache nur zwischen ihm und Lenz. Carstensen tütete das Schreiben ein und ging zur Post, als ihm einfiel, dass so nie jemand davon erfahren würde. Panikattacke! Anruf beim Wahlkampfteam, Diskussionen.

Die Lösung: Vorgestern schickte die CDU von Schleswig-Holstein eine Pressemitteilung los, in der es hieß, Carstensen habe Lenz einen persönlichen Brief geschrieben, in dem er Lenz „ganz herzlich“ gratuliere. Dieser Brief war im Folgenden abgedruckt, was für einen persönlichen Brief ja eher ungewöhnlich ist. Böse Zungen meinen sogar, Carstensen habe den Brief nie eingeworfen. Aber das kann eigentlich nicht sein. Daniel Wiese