Konzentration der Kräfte zahlt sich aus

Erfolgreiche Nachwuchsförderung im Volleyball durch die Integration eines Juniorinnenteams in die Bundesliga

SCHWERIN taz ■ Der Schweriner SC, der im bundesdeutschen Hallen-Volleyball erfolgreichste Verein der vergangenen Jahre, bemüht sich in dieser Saison um einen Neuaufbau. Bedingt durch Sponsorenmangel und, wie in solchen Situationen üblich, philosophisch begründet, vor allem mit jungen Spielerinnen. Am Samstagabend gastierten die amtierenden Meisterinnen und Pokalsiegerinnen aus Ulm am Schweriner See und wurden vom jungen Team mit 3:2 (26:24, 25:21, 11:25, 19:25, 15:10) aus dem Pokalwettbewerb geknallt.

Die Schwerinerinnen Tina Gollan und Jana Schumann feierten dabei Wiedersehen mit den im Dress des SSV Ulm arbeitenden Steffi Lehmann und Bettina Stumpf. Die vier Freundinnen des Geburtsjahrgangs 1984 waren gemeinsam beim VC Olympia in Sinsheim stationiert. Dorthin hatte der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) seine damalige Junioren-Nationalauswahl zusammengezogen, um „Anschlussleistungen an die Weltspitze zu fördern und den Leistungsunterschied zwischen guten Jugendlichen und dem Erstliganiveau schneller zu verkürzen“, erläutert Siegfried Köhler, der Sportdirektor des DVV. In den ersten drei Jahren der Zusammenlegung spielten die damals 15-jährigen Talente als VC Olympia in Verbands-, Regional- und 2. Bundesliga und in der Abschlusssaison dann als unabsteigbares Team in der höchsten nationalen Spielklasse. Am Ende des Mehrjahresplans wurde die Juniorinnen-Weltmeisterschaft in Thailand mit einem beachtlichen 5. Platz beendet.

Ist eine solche Maßnahme nachahmenswert, um den Mangel an Talenten mit internationaler Klasse in den Ballsportarten zu beheben? Bettina Stumpf sagt Ja. Wohnen im komfortablen Mehrfamilienhaus gegenüber dem Gymnasium, 16 Stunden pro Woche Training mit Bundestrainer Rudi Sonnenbichler und kaum altersgemäße Ablenkung vom leistungssportlichen Alltag. Als Lohn der Zielstrebigkeit erhielt Bettina Stumpf wie alle Spielerinnen Vertragsangebote von Erstligisten. „Ich würde mich rückblickend immer wieder für das Internat entscheiden“, bekundet die Außenangreiferin. „Ich wäre sonst wohl kaum so selbstbewusst und zielorientiert geworden.“

Für den Erfolg des Modells spricht, dass mit Atika Bouagaa, Kathy Radzuweit und Corinna Dumler wichtige Spielerinnen beim Gewinn der EM-Bronzemedaille den direkten Sprung von den Juniorinnen ins Frauenteam geschafft haben. Christiane Fürst dagegen, die direkt von der Junioren-WM aus Thailand zur EM in die Türkei beordert wurde, gehörte zwar zum Juniorinnen-Nationalteam, spielte in der Bundesliga aber für den Dresdner SC. Ein Gegenbeispiel zum Modell VC Olympia.

Auf andere Spielsportarten ist die vom DVV umgesetzte Idee nicht unbedingt übertragbar. Lutz Nordmann, Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bunds, sieht den Unterschied in der sportlichen Qualität: „Bei den Herren ist die Feldhockey-Bundesliga Weltspitze. Da könnte ein reines Junioren-Team nicht mithalten.“ Ähnlich äußert sich Handball-Direktor Peter Sichelschmidt, der die Eigenständigkeit und wirtschaftliche Stärke der Ligen vergleicht: „Im Handball ist die Integration eines Junior-Teams in die erste Bundesliga nicht zu schaffen. Der Volleyball-Verband hat im Beziehungsgeflecht Liga, Verband und Nationalteams eine dominantere Rolle.“ Noch krasser ist der Unterschied in Fußball und Eishockey.

Die Schwäche der pro forma eigenständigen Volleyball-Liga ist in kaum nennenswerten Fernsehzeiten und, als Folge davon, fehlenden Sponsoren begründet. Das Modell VC Olympia scheint also kein Allheilmittel gegen überalterte, leistungsschwankende Nationalteams in Spielsportarten zu sein, sondern eine der Situation des DVV entsprechende Spezialrezeptur. Das Sichern der sportlichen Qualität der Nationalteams dient der Beibehaltung der Haupteinnahmequelle des Verbands: die Sportförderung durch das Bundesministerium des Innern. Wohl denen, die sich für Olympia qualifizieren oder eine wirtschaftlich starke Liga haben. OLIVER CAMP