Freischwimmer im Haifischbecken

Der deutsche Basketballmeister Frankfurt Skyliners etabliert sich nach und nach in der EuroLeague. Beim 72:67 gegen Malaga gelingt der zweite Sieg im fünften Spiel. Der Anschluss ans Mittelfeld ist hergestellt, die Teilnahme am Achtelfinale möglich

AUS FRANKFURT ACHIM DREIS

Murat Didin gibt gerne den Gute-Laune-Onkel, doch in der Sache meint er es sehr ernst. Der türkische Basketball-Trainer der Opel Skyliners aus Frankfurt geht mit besessenem Eifer der Aufgabe nach, die ihm sich in dieser Saison stellt: europäischen Spitzenbasketball in der Main-Metropole etablieren.

Der Auftakt war dem Nachfolger von Meistertrainer Gordon Herbert dabei denkbar deutlich daneben gegangen. Im ersten Heimspiel der EuroLeague hatten die Skyliners gegen Didins Ex-Club Ülker Istanbul eine 52:82-Klatsche kassiert. Eine Woche später demontierte Benetton Treviso die Opel-Werksarbeiter mit 93:60. „Da dachte ich schon, die Teilnahme sei ein Missverständnis“, gibt Didin im Nachhinein zu.

Doch der 49 Jahre alte gelernte Bauingenieur ist keiner, der die Brocken schnell hinwirft. Im Gegenteil. Behutsam und störrisch arbeitet er daran, seinen Spielern sein System verständlich zu machen und Stimmung für seinen Sport in der Region zu betreiben. Dabei kann Didin es nicht fassen, dass in einer Stadt wie Frankfurt ein deutscher Meister in einer schönen Halle wie der Ballsporthalle keine uneinnehmbare Festung darstellt. „In Athen oder Istanbul steht die ganze Stadt hinter den Vereinen“, sagt Didin traurig. In Frankfurt verheißt zwar ein Banden-Schriftzug „Basketball Frankfurt – Das Höchste“, doch das ist nur ein Wortspiel mit dem Standort der Halle im Stadtteil Höchst.

Die Zuschauerzahlen rangieren dagegen nur bei der Hälfte eines durchschnittlichen Regionalliga-Fußballspiels der Offenbacher Kickers. Am Mittwoch gegen Unicaja Málaga wurden 3.620 Besucher gemeldet, nach Augenmaß waren es höchstens 2.500. Über die, die gekommen waren, konnten sich die Skyliners jedoch nicht beschweren, und Kapitän Pascal Roller bedankte sich auch umgehend „für die Wahnsinnsunterstützung.“ Umgekehrt sahen die Zuschauer, wie sich die Skyliners in internationalem Gewässer so langsam frei schwimmen und in ihren Aktionen auch unter Bedrängnis sicherer werden.

Gegen Unicaja Málaga, eines von fünf spanischen Spitzenteams in der EuroLeague, gelang dem einzigen deutschen Vertreter ein knapper, aber aufgrund des starken letzten Viertels verdienter 72:67-Erfolg. Der spielentscheidende Mann war dabei einmal mehr Kapitän Pascal Roller, der seinen Vertrag bei den Skyliners vor wenigen Wochen bis 2007 verlängert hat und seitdem wieder mit alter Sicherheit und Klasse agiert. „Er ist der Kopf der Mannschaft“ erklärte Didin voller Pathos: „Und es war eine seiner großen Nächte.“

In der Tat drückte Roller, der 21 Punkte markierte, dem Spiel in jeder Phase seinen Stempel auf. Nach sechs Sekunden sorgte er für die 3:0- Führung, zehn Sekunden vor Schluss erzielte er den entscheidenden Treffer zum 71:67, und mit einem anschließenden Steal legte er dem Kollegen Ellis den Ball zum Schlusspunkt unter den Korb. Der 180 Zentimeter große Spielmacher hatte im ersten Viertel mit drei Dreiern und elf Punkten dafür gesorgt, dass die Skyliners überhaupt am Ball blieben. „Er erlaubte seinem Team zu überleben“, nannte das der spanische Trainer Sergio Scariolo.

Malaga drohte nämlich, die Frankfurter zu überrollen. Die „Starting Five“ der Spanier spielte zehn Minuten am Stück, traf aus allen Lagen und führte mit 30:22. Sie verteidigte sehr geschickt und beging dabei nur ein einziges Foul. Im zweiten Viertel stellten sich die Frankfurter besser auf das starke Spiel der Gäste ein, verteidigten ihrerseits nun aggressiver und ließen die Spanier nicht mehr so ungehindert unter dem Korb agieren. Von 22:34 kamen sie bis zur Pause auf 38:40 heran.

Kopf an Kopf ging es in die Schlussphase, in der die Abwehr der Skyliners überragende Arbeit leistete. In den letzten zehn Minuten ließen die Hessen nur sieben Punkte des Gegners zu. „Wenn wir ein Top Team in der Defensive kontrollieren können, dann können wir auch das Spiel gewinnen“, so Pascal Roller. Eine Woche zuvor, bei der knappen 67:72-Niederlage beim Gruppenfavoriten Panathinaikos Athen, habe seinem Team in den entscheidenden Momenten „noch die Hand gezittert“, sagte Didin nach dem Spiel. „Aus dieser Erfahrung haben wir gelernt und diesmal die richtigen Schlüsse gezogen.“

Im Haifischbecken der großen Teams haben die Frankfurter nun mit zwei Siegen bei drei Niederlagen den Anschluss an das Mittelfeld hergestellt. Um ins Achtelfinale zu gelangen, müssten sie in der Achtergruppe den fünften Platz belegen. Doch so viel Auslauf wollte Didin seinen Gedanken noch nicht gönnen: „Heute sind wir glücklich, Sonntag spielen wir in der Bundesliga gegen Würzburg, danach denken wir erst wieder an die EuroLeague.“