was bleibt von schill?
: Der Charme der Village People

Armin Thurnher, Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung Falter, hat Jörg Haider einmal einen Feschisten getauft. Einen, der immer fesch, will heißen, adrett und vor allem strotzgesund ausschaut. Einen, der weiß, dass Politik, zumal rechte, auch und gerade von ihren Oberflächen lebt.

Nun hätte es Ronald Schill gerne zum deutschen Haider gebracht. Dass ihm dazu aber unter anderem die physiognomische Souveränität fehlt, bewies nicht zuletzt jener Stressherpes, der Schill in den Tagen seiner Amtsenthebung auf Schritt und Tritt begleitet hat. Immerhin aber sind Hamburgs Streifenpolizisten dank ihres ehemaligen Innensenators bald die feschesten im ganzen Land. Königlich dunkelblau sind die neuen Uniformen, für deren Design Schill ja vor gut einem Jahr den Formgeber Luigi Colani beauftragt hatte. Dessen Entwürfe entbehren selten einer gewissen Theatralik. Im Falle von Colanis Polizeikluft, die sich gerade in Hamburgs Straßenbild etabliert, heißt das vor allem: eine Theatralik der visuellen Verweise. Ganz und gar amerikanisiert wirkt die 18-teilige Kollektion – darunter etwa taillierte Kunststoffjacken für die Gesetzeshüterinnen – ohnehin. So amerikanisch, dass Roland Koch den Schill wahrscheinlich abends vor dem Schlafengehen um dessen textiles Vermächtnis beneidet. Und um die großvolumigen Harley-Davidson-Maschinen, die Hamburgs Polizeialltag den Charme eines Village-People-Clips verleihen.

Ist es letztlich das, was übrig bleibt von Ronald Schill? Eine stattlich rausgeputzte Staatsmacht für jene Law&order-Politik, für die Schill einmal stand. Den bekannten grün-beigen Polizeidress entwarf der Modedesigner Heinz Oestergaard 1971 übrigens im Auftrag der Brandt-Regierung. Mehr Demokratie wagen, hieß damals die Devise.

Um mehr Performance scheint es heute zu gehen.CLEMENS NIEDENTHAL