Ungewohnte Sendungen aus dem Ausland

Radioriff sendet ab heute auf der Frequenz 104,1. Die zunächst im Club Ausland produzierten Sendungen machen wieder einmal hörbar, wie ein freies, nichtkommerzielles Radio klingen könnte. Doch die Politik stellt sich taub

Berliner Politiker wollen es nicht, das Mediengesetz Berlin-Brandenburg sieht es nicht vor, und trotzdem gibt es in diesen Tagen wieder einmal ein freies Radio in der Stadt. Ab heute Mittag, 12 Uhr sendet Radioriff auf der Veranstaltungsfrequenz 104,1. Als Studio dient der Club Ausland in Prenzlauer Berg. Acht Tage lang wird von hier alternatives Programm gesendet. Über 120 Beteiligte, Radioproduzenten, Performer, Musiker, DJs und Vortragende wurden eingeladen.

Technische Unterstützung erhält Riff von der Radiokampagne und dem Berliner Technikverein Bootlab. Das Programm wird zum großen Teil live produziert, geplant sind literarische Hörspiele, Avantgardemusik und Podiumsdiskussionen. Publikum ist erwünscht, Gäste können etwa den japanischen Wissenschaftler Tetsuo Kogawa beim Basteln von Mikroradiosendern beobachten oder die Radio-Show der Berliner Band „Das zuckende Vakuum“ erleben. Zur Entspannung sollen Plattenlabels wie Staubgold und Berliner DJs für Clubatmosphäre sorgen.

Damit tritt das Riffradio an, sich inhaltlich das Prädikat „kulturell wertvoll“ zu verdienen. Doch freies Radio muss auch finanziert werden. „Wir wollten einfach machen“, sagt Elisabeth Enke vom Ausland. Gemeinsam mit fünf weiteren Initiatoren hat sie seit dem Frühjahr Förderanträge geschrieben, die Lizenz beantragt und das Programm geplant. Die Kulturstiftung des Bundes finanziert das Projekt nun mit 100.000 Euro. „Das ist bei einem internationalen Programm nicht besonders viel“, meint Enke. Schließlich sollen die Beteiligten auch einigermaßen bezahlt werden. Allein Frequenz und Datentransfer kosten 10.000 Euro im Monat. Zudem kann man die Frequenz nicht einfach mieten. Erst zwölf Tage vor dem Sendestart beriet die Medienanstalt Berlin-Brandenburg über den Antrag. Die Zusage kam erst am Montag.

„Wann gibt es endlich ein freies Radio in Berlin?“, hatte sich bereits am letzten Novemberwochenende der Kongress des Bundesverbandes Freier Radios gefragt. Zur Klärung waren Berliner Medienpolitiker geladen. Doch die Volksvertreter blieben der Podiumsdiskussion fern. Stattdessen berichteten Radiomacher aus Dresden, Karlsruhe und Marburg, wie sie seit Jahren praktizieren, wofür die Berliner Radioten ebenso lange kämpfen.

Laut Rundfunkstaatsvertrag sollen die Landesmedienanstalten zehn Prozent ihres Etats für nichtkommerziellen Rundfunk zur Verfügung stellen. Davon werden in Berlin derzeit der Offene Kanal und die Ausbildungsradios der Unis finanziert. Doch die Radiofreaks setzen nicht nur unbedingt auf ein paar Krümel von diesem Kuchen. Da ein freies Radio relativ wenig kostet, wurden bereits auch alternative Finanzierungen wie etwa eine freiwillige Rundfunkgebühr der Hörer diskutiert.

Trotz aller politischen und bürokratischen Hürden wird das Riffradio nun antreten, um zu zeigen, dass freies Radio technisch möglich ist. Das künstlerische Potenzial ist vorhanden. Doch Vorsicht: Das Frühstücksradio „Primärenergie“ startet erst um 12 Uhr. Vorher läuft man Gefahr, den Berliner Digitalradiotest zu erleben. Da gibt es dann Joy FM und Kaufradio auf die Ohren. TILMAN GÜNTHER