Szervusz!

Auf die norddeutschen Kulturhauptstadts-Kandidaten wartet eine große Überraschungsbraut: Ungarn

Als Kulturhauptstadts-Kandidat hat man‘s nicht leicht. Man muss eine eigenständige europäische Dimension entwickeln, kann den kommunalen Kulturetat nur noch unter heftiger Schelte kürzen, sollte frühzeitig in Berlin die Klinken putzen – und jetzt steht auch noch ungarisch auf dem Stundenplan.

Kürzlich hat die EU einen Beschlussvorschlag auf den Weg gebracht, demzufolge alle Kulturhauptstädte ab 2009 eine Partnerin aus den EU-Beitrittsstaaten bekommen. 2010 wären demnach Deutschland und Ungarn liiert. Hintergrund ist die Verplanung der Jahre bis 2020 innerhalb der Alt-EU.

Die Tandemvorgabe trifft die Kandidaten – die ihre Konzepte Ende März einreichen müssen – ziemlich unvorbereitet. Im 16-köpfigen Bewerberfeld verfügt nur Bamberg über eine ungarische Partnerstadt, und die hat mit 28.000 EinwohnerInnen nur eingeschränktes Hauptstadt-Potenzial. Bei den vier norddeutschen Bewerberinnen heißt es, man könne keine „künstlichen Traditionen aus dem Boden stampfen“. Bremen, das immerhin schulische Kontakte zu Győr, Ungarns zweitgrößter Stadt, unterhält, hat sich auf die Kooperation mit Danzig und Riga festgelegt. Die soll im Januar in einem „Letter of Intent“ besiegelt werden. Auch Lübeck engagiert sich im Baltikum, Osnabrück hingegen hat das russische Twer im Sortiment. Liegen die Sättel damit auf den falschen Pferden? Man könne nichts besteigen, wo keine Beine drunter seien, meint der Bremer Projektvertreter Uli Fuchs pragmatisch.

In Braunschweig ist man von den ungarischen Aussichten „überrascht“, sieht aber „kein Problem“ – das eigene Konzept sei nicht betroffen, meint der Pressesprecher. Das EU-Konzept allerdings verlangt ausdrücklich einen programmatischen Bezug zwischen den Kulturhauptstädten. Das Pauken kann beginnen.

Henning Bleyl