gastkommentar: es gibt zucker
: Exportland NRW braucht Reform

NRW-Rübenkrieg. Was bisher geschah: Die Zuckerrübenbauern fürchten wegen der geplanten EU-Marktreform um ihre Existenz. Mit landesweiten Protesten machten sie auf ihre Situation aufmerksam. Rot-Grün will die Rübenlandwirtschaft retten, geht aber auf Distanz zur CDU-Opposition, die die Entwürfe der EU als zu radikal bezeichnet und fordert, „vorgeschlagene drastische Preissenkungen“ zu verhindern. Dazu unser Gastkommentar:

Auf den ersten Blick erweist die rot-grüne Koalition dem Anliegen der Zuckerrübenbauern und der Beschäftigten der Zuckerfabriken Referenz. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass Bärbel Höhn, die in ihrem Ressort für die NRW-Landwirtschaft aber eben auch für die „Eine Welt“ zuständig ist, gegenüber den etwas mehr populistischen Anwandlungen des sozialdemokratischen Koalitionspartners hart geblieben ist. Rot-Grün stellt fest, dass an einer Reform der EU-Zuckermarktordnung mit Preis- und Quotenkürzungen und damit an Einkommenseinbußen der Bauern kein Weg vorbei führt. Der EU-Zuckermarkt ist mit seinen systematisch produzierten Überschüssen, die zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt geworfen werden, einer der großen Stolpersteine für eine Einigung mit den Entwicklungsländern im Rahmen der WTO-Verhandlungen.

Die Positionierung der Landesregierung im Vorwahlkampf ist umso bemerkenswerter, als CDU und FDP den Bauern vorgaukeln, alles könne beim Alten bleiben. Das Agieren der FDP ist auch deswegen pikant, weil es sich bei der Zuckermarktordnung mit ihren festgelegten Preisen und Quoten um einen der letzten Bastionen des Sozialismus in der Bundesrepublik handelt. Die FDP ist halt nur dann liberal, wenn es nicht um die eigene Klientel geht. Insgesamt ist die Vogel-Strauß-Politik von Schwarz-Gelb, die meint Deutschland könnte sich internationalen Handelsregeln entziehen, kein Ausweis von Regierungsfähigkeit.

Den Bauern tut man mit einer solchen Politik keinen Gefallen. Sie müssen und werden sich auf die neuen Realitäten einstellen. So bietet die EU-Zuckmarktreform den hochproduktiven Betrieben in NRW die Möglichkeit, innerhalb der EU Quoten von marginalen Standorten aufzukaufen, so dass vermutlich ein Großteil der Produktion gehalten werden kann. Da die Bauern zudem in den Genuss von Flächenprämien und zunächst von Ausgleichszahlungen kommen, werden sich auch die Einkommensverlusten im Rahmen dessen halten, was die Beschäftigen anderer Wirtschaftszweige zur Zeit auch hinnehmen müssen. Dem steht auf der Habenseite gegenüber, dass das Exportland NRW von einer WTO-Einigung stark profitieren wird.

ROGER PELTZER

Peltzer ist Sprecher der grünen „Bundesarbeitsgemeinschaft Nord-Süd“