Grünes Nein – fürs Protokoll

Im Streit um den Export der Hanauer Atomfabrik besteht der kleine Koalitionspartner auf einer strengen Prüfung. Parteichef Bütikofer räumt ein, dass die rechtlichen Möglichkeiten „begrenzt“ sind

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF
UND JENS KÖNIG

Der Kanzler sagt Ja, die Grünen Amen – diesen Eindruck möchte der kleine Koalitionspartner bei dem geplanten Verkauf der Hanauer Plutoniumfabrik nach China unbedingt vermeiden. Der grüne Parteirat stellte deshalb gestern fest: „Die Grünen halten diesen Export für falsch.“

Außenminister Joschka Fischer sagte gestern, er halte das von Siemens gewünschte und vom Kanzler unterstützte Geschäft für „unnötig wie einen Kropf“. Parteichef Reinhard Bütikofer forderte, jede Form der militärischen Nutzung der Hanauer Anlage müsse „zweifelsfrei ausgeschlossen sein“. Realistischerweise räumte er jedoch ein: „Wir wissen natürlich, dass wir nur begrenzt rechtliche Handhabe ins Feld führen können, um diesen Export noch zu verhindern.“

Für den Kanzler gibt es schon jetzt keinen Zweifel mehr. Schröder hat sich festgelegt. Regierungssprecher Béla Anda erklärte gestern, die Zustimmung des Kanzlers für den Export beruhe auf einer „eindeutigen und klaren rechtlichen Bewertung“.

Angesichts dieser klaren Worte wirkt es schon fast verzweifelt um Gesichtswahrung bemüht, wenn Bütikofer beteuert, die noch ausstehende Bewertung des grünen Außenministeriums sei „keine Pro-forma-Prüfung“. Der Hanau-Deal, das räumen auch die Grünen zwischen den Zeilen ein, ist kaum noch zu stoppen. Was bleibt, ist Schadensbegrenzung. Man werde immerhin Schlimmeres verhindern, betonte der Parteichef gestern.

Wie Bütikofer berichtete, habe China auch Interesse am Kauf von 1,6 Tonnen Plutonium bekundet, die in Hanau lagern. Das Material sei als Kern für den nie in Betrieb gegangenen Schnellen Brüter in Kalkar gedacht gewesen und befinde sich in 205 Brennelementen. Eine entsprechende Anfrage habe das Umweltministerium bereits in der ersten Jahreshälfte geprüft – und eine Zustimmung strikt abgelehnt. Ein solches Geschäft sei „mit dem Atomgesetz nicht vereinbar“ und mit den Grünen „nicht machbar“, sagte Bütikofer.

Auch bei der Entscheidung über eine Hermes-Bürgschaft für den Verkauf von Siemens-Turbinen und anderem Zubehör für ein neues Atomkraftwerk in Finnland wollen die Grünen hart bleiben. „Von grüner Seite wird es dafür keine Unterstützung geben“, sagte Bütikofer. Die Gewährung einer Hermes-Bürgschaft sei „ein Akt aktiver Unterstützung der Atomkraft“, den die Grünen nicht mittragen könnten – auch Fischer nicht.

„Die spekulative Frage, was passiert, wenn wir überstimmt würden, will ich derzeit lieber nicht beantworten“, sagte Bütikofer. Er glaube aber, dass es so weit nicht komme, sagte Bütikofer und verwies auf die kritischen Stimmen, die es auch in der SPD gebe – etwa von Vizeparteichefin Ute Vogt, die auf den Widerspruch zwischen Atomausstieg im Inland und Atomexport ins Ausland hingewiesen hatte.

„Wir haben nicht die Hacken zusammengeschlagen“, sagte Juso-Chef Niels Annen nach der SPD-Vorstandssitzung zur taz. Generalsekretär Olaf Scholz nannte die Debatte dagegen „wenig aufgeregt“. Der Kanzler habe darüber informiert, dass es sich bei Hanau um ein rechtliches und nicht um ein politisches Problem handele. „Die übergroße Mehrheit des Vorstandes teilt diese Auffassung“, so Scholz.

Nach Angaben von Teilnehmern haben sich allerdings vier Kritiker ausführlich zu Wort gemeldet. Sie widersprachen ausdrücklich ihrem Parteivorsitzenden, der sich zuvor über die öffentlich geäußerte Kritik beklagt hatte und die Diskussion im SPD-Vorstand mit dem Hinweis abwürgen wollte, er gehe davon aus, der Vorstand habe jetzt wichtigere Fragen zu erörtern – etwa den Reformstreit im Vermittlungsausschuss.