Auf den Kopf gestellt

Viele Prominente, die zu einer Gala nach Charlottenburg kamen, wussten nichts vom Buddhismus. Die es wussten, wussten nichts von einer Gala

VON ANNA MECHLER

Drei riesige Buddhas thronen auf der Bühne in der Halle des neu eröffneten Shaolin Tempels in der Franklinstraße 10 in Charlottenburg. Allerdings hinter verschlossenem Vorhang, denn sie dürfen nicht sehen, was die Gäste dort Vergnügliches treiben.

„Alkohol und Fleisch sind im Buddhismus verboten, und die Buddhas sollen nicht sehen, dass die Anwesenden dies verköstigen“, sagt Rainer Deyhle, Gründer des größten buddhistischen Zentrums außerhalb Chinas. Und tatsächlich fließt der Champagner in Strömen an diesem Abend. Die Veranstalter haben alles eingeladen, was Rang und Namen hat. Neben Barbara Schöneberger und Suzanne von Borsody amüsieren sich Anna Maria Mühe und Rudi Assauer. Zur Eröffnung spricht die Bundesjustizministerin a. D. Herta Däubler-Gmelin, während im Publikum unter anderem Maja Prinzessin von Hohenzollern, Friede Springer und der frühere ZDF- Chefredakteur Klaus Bresser lauschen.

„Mit Buddhismus verbindet mich nichts“, räumt allerdings Regisseur Wolfgang Menge ein. Und tatsächlich hat man das Gefühl, dass die meisten der High-Society-Gäste gar nicht so genau wissen, wo sie sich befinden. Die zwei goldenen Löwen am Eingang des Tempels und der rote Teppich, auf dem die Stars und Sternchen bis in die große Halle im Dachgeschoss trippeln können, erinnern eher an eine Filmpremiere denn an eine traditionelle Tempeleröffnung. Während Finanzminister Hans Eichel per Videobeamer ein Grußwort an Seine Heiligkeit Shi Yong Xin richtet, der eigens aus dem großen Shaolin Tempel in China eingereist ist, wird die Prominenz von den zahlreichen Hostessen und Cateringangestellten umsorgt.

„Wir versuchen unsere Nachricht an die Meinungsmacher der Stadt zu vermitteln, damit die sie verbreiten und ganz viele Menschen unseren Tempel besuchen“, begründet Rainer Deyhle die Riesenparty. Eigens zu diesem Anlass hat die bekannte Berliner Fotodesignerin Daniela Finke eine limitierte Fotoacryl-Edition konzipiert, die die Gäste als Geschenk erhielten. Zu sehen sind natürlich, wie könnte es anders sein, die drei gigantischen Buddhas. „So kann sich jeder einen Buddha zu Hause hinstellen“, erklärt Finke. Vielleicht geht ja dem ein oder anderen Prominenten im trauten Heim ein Licht auf, was es mit Buddha auf sich hat.

Der Trubel, der am Donnerstag herrscht, lässt jedenfalls wenig andächtige Stimmung aufkommen. Nur einmal, als Klaus Feßmann zu einem Klangsteinkonzert ansetzt, verstummt der laute Trubel zu einem leisen Gemurmel, und die dumpfen Töne des zum klingen gebrachten Mamorsteins erfüllen die Luft. Isa Gräfin von Hardenberg richtet die Party aus, das nötige „Kleingeld“ stammt von einem anonymen Spender.

Ebenso wie die High Society ist die Presse von dem Riesenereignis überrascht. Die Pressekonferenz ist für 17.30 Uhr angesetzt, der nächste Termin ist die Gala, die um 21 Uhr beginnen sollte. Eingeschoben wird ein Flying Dinner, bei dem die für die Medien interessanten Dinge passieren sollten. Ab halb sieben treffen schon die ersten Gäste ein. Und so kommt es, dass die Presseleute völlig „underdressed“ sind, weil sie natürlich nichts verpassen wollen, und die Prominenten ihnen wie aus dem Ei gepellt gegenüberstehen.

Ein Höhepunkt des Abends ist die Vorführung von Dong Dong und seinen Shaolin-Mönchen. Die bieten einen Auszug aus dem Kung Fu und dem Qi Gong dar. Während sich die Gäste mongolisches Lammchutney und pikante Shrimps schmecken lassen, boxen die Mönche mit ihrem Schatten oder zertrümmern Holzstangen auf dem nackten Rücken. Und so sind alle zufrieden an diesem Abend bei der Tempeleinweihung, auch wenn nicht jeder weiß, was da eigentlich gefeiert wird.