Rot-grüne Regierung spart sich Ökobauern

Von Agrarwende keine Spur: Das Bundeskanzleramt will die Gelder für die umweltfreundliche Landwirtschaft kürzen

BERLIN taz ■ Landwirte, die ihre Hennen oder Kühe umweltgerecht halten, bekommen Unterstützung aus Brüssel – aus der so genannten zweiten Säule der Agrarförderung. Doch diese Gelder sind von 2007 an in Gefahr. Berlin arbeitet an Sparvorschlägen, nach denen sie drastisch gekürzt werden könnten.

Hintergrund: Deutschland und fünf andere Nettozahler der Europäischen Union wollen den Beitrag für Brüssel auf 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens senken. Derzeit liegt der EU-Beitrag bei 1,24 Prozent. Der Vorstoß wird von allen deutschen Ministern mitgetragen, also auch von Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne). Und deshalb wird im Bundeskanzleramt, dem Auswärtigen Amt, dem Finanz- und dem Agrarministerium, derzeit überlegt, inwieweit Gelder aus den Töpfen für die ländliche Entwicklung und den Umweltschutz genommen werden können.

„Wir haben große Sorge, dass genau dort gespart wird, wo es Anreize gibt für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft“, sagt Ulrich Jasper, stellvertretender Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning urteilt: „Rot-Grün versagt auf voller Strecke, wenn die Regierung im Umweltbereich die Agrarzuschüsse kürzt.“ Und Michael Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbandes, fürchtet, dass „Europas Regionen ausbluten“ könnten.

Die mittelfristige Finanzplanung von 2007 bis 2013 wird derzeit in Brüssel beraten. Noch geht sie zwar von den vereinbarten 1,24-Prozent-Beiträgen aus. Doch haben die Niederländer, die derzeit die Ratspräsidentschaft innehaben, eine Kürzung des Agrarhaushaltes schon in Betracht gezogen. Und dabei gibt es nur wenige Haushaltsposten, die finanztechnisch variabel sind. Die so genannte erste Säule der Agrarförderung macht etwa 45 Milliarden Euro pro Jahr aus, etwa 90 Prozent des EU-Agrarhaushalts. Je nach Flächengröße bekommen die Bauern daraus unterschiedlich viel Geld. „Dieser Zuschuss hat aber keine Lenkung für den Umweltschutz“, erklärt Ulrich Jasper von der AbL. Der Finanzrahmen für die erste Säule ist aber nach einer schwer errungenen Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland politisch festgeschrieben.

Da eignet sich die zweite Säule – mit knapp fünf Milliarden Euro – wohl besser zum Kürzen. Dennoch sieht Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf (Grüne), der stellvertretende Vorsitzende des Agrarausschusses im Europäischen Parlament, eine Chance: „Das EU-Parlament hat in Haushaltsfragen die volle Mitentscheidung – und wir sind in Siegerlaune.“ Schließlich habe sich die EU vorgenommen, den Umweltschutz zu stärken.

Zudem sei die Senkung der Beiträge bei den Mitgliedsländern ohnehin noch umstritten. Graefe zu Baringdorf, der auch Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ist: „Da wird hart gepokert. Vieles ist Spekulation.“ Er will auch seine grüne Parteikollegin Renate Künast nicht am Pranger sehen. Noch bleibt ihr Zeit, zu kämpfen: Im Mai 2005 wird die EU-Finanzplanung vom Rat beschlossen. BEATE STRENGE