Für die Zukunft sehe ich blau

Viele kommunale Müllentsorger haben ihren Auftrag für das Einsammeln der gelben Säcke verloren. Nun versuchen sie sich im Recycling von Altpapier. Revierstädte bekommen blaue Tonnen

VON KLAUS JANSEN

Gelb ist weg, blau kommt – in Bochum, Dortmund und vielleicht auch in Herne. Nachdem die kommunalen Entsorgungsbetriebe der drei Ruhrgebietsstädte in der Ausschreibung des Dualen Systems Deutschlands (DSD) ihre Aufträge für das Einsammeln der so genannten „gelben Tonnen“ für Leichtverpackungsmüll verloren haben, wollen sie nun mit dem Sammeln von Altpapier in der „blauen Tonne“ neue Einnahmequellen erschließen.

„Seit zwei Jahren gibt es für Altpapier erstmals stabile Preise“, sagt Werner Meys, Geschäftsführer des Umweltservice Bochum (USB). Während Kommunen früher draufzahlen mussten, um ihr Altpapier loszuwerden, lassen sich mit dem Rohstoff nun Gewinne machen. „Vor allem China kauft momentan viel Mischpapier“, so Meys. Etwa 50 Euro pro Tonne lassen sich dafür auf dem Markt erzielen.

Durch die Direktabholung der blauen Tonnen will der USB ab dem 1. Januar 2005 jährlich etwa 28.000 Tonnen einsammeln – in den bisher aufgestellten Depotcontainern fanden sich bisher jährlich lediglich 22.000 Tonnen, zudem in schlechterer Qualität. „Da haben Leute auch schon mal Hühnerknochen vom Imbiss reingeworfen“, berichtet Meys. Kosten soll den Bürger die neue Tonne nichts: Der USB kalkuliert damit, künftig etwa 27.000 Tonnen Altpapier absetzen zu können – dann würde sich der Mehraufwand beim Einsammeln lohnen.

Die Umstellung auf Altpapier beim USB ist erzwungen: 28 Mitarbeitern war nach dem Verlust der Lizenzen für die gelbe Tonne an den privaten Konkurrenten Rethmann bereits der Gang zur Arbeitsagentur nahe gelegt worden, zumindest 22 Jobs können nun gerettet werden. In anderen Kommunen sieht es ähnlich aus: Auch in Dortmund und Herne siegte bei der DSD-Ausschreibung mit der australischen Firma Cleanaway ein privater Billiganbieter über die kommunalen Entsorger, die sich über gezieltes Lohndumping des DSD beschwerten (taz berichtete). In Dortmund standen 48, in Herne acht Stellen auf der Streichliste. Auch in diesen Städten soll das Geschäft mit dem Altpapier nun die bedrohten Jobs retten, Dortmund hat bereits einen gültigen Ratsbeschluss, in Herne dauert die Entscheidungsfindung an.

Mit dem Slogan „Blau für lau“ wirbt die Entsorgung Dortmund GmbH (EDG) für die neuen Tonnen. Anders als in Bochum, wo neue Tonnen aufgestellt werden, verpassen die Dortmunder Müllbetriebe ihren alten gelben Tonnen einfach einen blauen Deckel – Konkurrent Cleanaway muss selbst sehen, wo er die geschätzten 1,5 Millionen Euro für 75.000 neue Tonnen auftreibt. Mit zehn Kilogramm mehr Papier pro Einwohnern kalkuliert die EDG. Dass auch das Altpapiergeschäft Risiken birgt, ist dem Entsorger bewusst: „Der Preis ist zwar momentan relativ hoch, schwankt aber sehr stark“, sagt Unternehmenssprecherin Petra Hartmann. Man habe jedoch „genügend Spielraum nach unten“. Viele andere Möglichkeiten, neue Einnahmequellen zu erschließen, bieten sich den Müllbetrieben ohnehin nicht: „Mir fällt da im Moment auch nichts ein“, sagt Heino Drucks, Betriebsleiter der „Entsorgung Herne“. Am 9. Dezember entscheidet dort der Verwaltungsrat über die blaue Tonne. Drucks hofft auf ein Ja: „Irgendwie müssen wir doch die Arbeitsplätze halten.“