„Chinesischer Spion“ mit Herzproblemen

Der russische Naturwissenschaftler Walentin Danilow wird wegen Geheimnisverrats zu 14 Jahren Haft verurteilt

14 Jahre Haft wegen „Verrats von Staatsgeheimnissen“: So lautet das Verdikt gegen Walentin Danilow, Direktor des Zentrums für Wärmephysik an der Staatlichen Universität von Krasnojarsk. Im Mai 2000 war auf Betreiben des Inlandsgeheimdienstes FSB ein Verfahren gegen Danilow eingeleitet worden. Der Physiker, der mit chinesischen Wissenschaftlern zusammengearbeitet hatte, soll an diese Staatsgeheimnisse weitergegeben und so für China spioniert haben.

Walentin Danilow ist ein anerkannter Fachmann im Bereich „Satelliten“. Hier hatte er sich insbesondere bei der Frage der Stromversorgung von Satelliten einen Namen gemacht. Die Arbeiten von Danilow unterlagen bis 1992 der Geheimhaltung. Als diese aufgehoben wurde, verlor die Abteilung von Danilow gleichzeitig auch die staatliche Finanzierung. Danilow schloss in der Folgezeit im Namen der Universität von Krasnojarsk einen Vertrag mit einem chinesischen Institut. Zuvor hatte er sich die Zustimmung von seinen Vorgesetzten und dem Inlandsgeheimdienst FSB eingeholt.

Seit der Anklageerhebung im Mai 2000 hatte der herzkranke Danilow, der an Bluthochdruck leidet, 20 Monate in Untersuchungshaft verbracht. Seine Tochter und Menschenrechtler fürchten um seine Gesundheit. Danilow habe bei der Urteilsverkündung, so seine Anwältin, gefasst gewirkt, jedoch Herztropfen einnehmen müssen.

Am 18. Mai 2000 war ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Von Februar 2001 bis 27. September 2002 verbrachte er 19 Monate in Untersuchungshaft. Anschließend musste er sich bis zum 30. Dezember 2003 regelmäßig bei den Behörden melden. Im Dezember 2003 war er von einem Geschworenengericht freigesprochen worden. Dieser Freispruch war vom Obersten Gericht auf Betreiben des Inlandsgeheimdienstes FSB außer Kraft gesetzt worden. Das Oberste Gericht hatte eine Neuverhandlung im Gericht von Krasnojarsk gefordert – jedoch mit einer anderen Besetzung.

Menschenrechtler und Wissenschaftler sind sich einig: dieses Urteil ist ein weiterer Versuch des FSB, unabhängige Wissenschaftler einzuschüchtern. Erst im August war der Konfliktforscher Igor Sutjagin zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Gemeinsam kämpfen nun Menschenrechtler wie die Sacharow-Witwe Elena Bonner, Ludmilla Alexejewa und die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe für die Freilassung von Danilow. In einem Schreiben an amnesty international fordern sie, Walentin Danilow sofort zum politischen Gefangenen zu erklären.

„Wir werden uns für die Freilassung von Danilow und Sutjagin einsetzen“, sagte Ludmilla Alexejewa, die auch Mitglied der Menschenrechtskommission beim Präsidenten ist, dem Sender Radio Liberty. „Ich hoffe, dass sie ihre langen Haftstrafen nicht absitzen müssen. Wenn uns dies nicht gelingen wird, dann können wir heute so viel von einer Zivilgesellschaft bei uns sprechen, wie wir es zu Sowjetzeiten konnten.“ BERNHARD CLASEN