Es fing an mit einem Ziegel

BETRUG In Hamburg ist ein 24-jähriger Handwerker wegen versuchten Betrugs verurteilt worden. Er habe versucht, eine alte Dame mit nicht geleisteten Dachreparaturen abzuzocken, erklärte das Gericht

Toll, dass Handwerker mal da sind, wenn man sie braucht, dachte die alte Dame

Ellen Eggers ist im Wartesaal des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek ganz angespannt: Mit ihrem gewellten weißen Haar, das eine Spange aus dem Gesicht hält und den geröteten Wangen sieht sie aus wie ein Mädchen, das zum ersten Mal auf Klassenfahrt fährt. „Die Schuhe haben ganz schön gezwickt, wie ich da reingegangen bin“, sagt sie. „Aber ich habe darin einen besseren Stand als in meinen Hauspuschen.“ Den Stand braucht die 81-Jährige, weil sie als Zeugin vor Gericht aussagen soll, trotz oder wohl besser: wegen ihres Alters.

Angeklagt sind Peter D. und Rudolf F. Laut Staatsanwaltschaft haben die beiden Handwerker im September 2007 versucht, Frau Eggers über den Tisch zu ziehen. „Die klingelten bei mir und sagten, sie arbeiten gerade nebenan. Da hätten sie gesehen, dass ein Ziegel von meinem Dach gefallen sei, den sie ersetzen könnten“, erinnert sich Eggers im Zeugenstand. Dafür habe sie ihnen fünf Euro gegeben. „Dann klingelte es wieder, und jetzt hieß es: Ihr ganzer Dachstuhl ist kaputt.“ Da müsse eine Menge getan werden, sie könnten das auch gleich tun. „Toll, dass Handwerker mal da sind, wenn man sie braucht“, dachte sich die alte Dame und sagte: „Na, dann machen Sie mal.“

Den nächsten Tag über hätten die Handwerker auf dem Dach gewerkelt – und dann 9.000 Euro dafür verlangt, auf die Hand. Statt zu bezahlen rief der herbeigerufene Neffe von Frau Eggers aber die Polizei.

Von den beiden Angeklagten erschien vor Gericht nur der 24-jährige Peter D. Statt auszusagen, ließ er eine Erklärung verlesen. Demnach habe er in Absprache mit Frau Eggers für das Geld eine ganze Reihe von Arbeiten geplant, unter anderem eine Fassadenreinigung.

Die Richterin wertete das als nachträglich ausgedacht. Sie verurteilte Peter D. zu einer Geldstrafe von 3.240 Euro. MAXIMILIAN PROBST