Berlin hilft gegen rechts

Projekten gegen Gewalt droht in CDU-regierten Bundesländern das Aus. SPD-Bundestagsabgeordneter Edathy fordert deshalb eine Bundesstiftung

AUS BERLIN HEIKE KLEFFNER

Im Erfurter Innenministerium nimmt man kein Blatt vor den Mund. „Wir verfolgen andere politische Ziele als die Anlaufstelle“, sagt Fried Dahmen, Sprecher des CDU-geführten Ministeriums. Folglich erhält die „Anlaufstelle für Betroffene von rechtsextremen und rassistischen Angriffen und Diskriminierungen“ (Abad), die Opfer rechter Gewalt aus ganz Thüringen berät, keine finanzielle Hilfe von der Erfurter Landesregierung.

An der Qualität der Arbeit von Abad hat das Innenministerium nichts auszusetzen. Aber an deren Auftreten. So erklärte Abad sehr zum Ärger der Landesregierung im Oktober, dass die Anzahl rechter Gewaltdelikte in Thüringen während der ersten neun Monate dieses Jahres dreimal so hoch ausfiel wie vom Innenministerium angegeben. 60 Angriffe auf Migranten, Flüchtlinge und junge Linke zählte die Anlaufstelle. Das Ministerium kommt für den gleichen Zeitraum lediglich auf 21 Vorfälle.

Fragt man den Sprecher des Ministeriums, warum die Landesregierung Abad als „nicht förderungswürdig“ ansieht, lautet die Antwort: Das Projekt habe eine „antifaschistische Kaffeefahrt“ unterstützt – und außerdem eine Demonstration, für die mit einem Vermummten geworben wurde.

Die Konsequenzen des negativen Votums sind gravierend. Bislang wurden die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt in den neuen Bundesländern vollständig aus dem Civitas-Programm der Bundesregierung finanziert. Ab 2004 müssen von Civitas geförderte Projekte eine Befürwortung durch die jeweilige Landesregierung und eine zwanzigprozentige Kofinanzierung vorweisen. Das Geld hat Abad aufgetrieben. Doch weil die Landesregierung das Projekt politisch ablehnt, muss die Anlaufstelle zum Jahresende schließen.

Beobachtern gilt der Umgang mit Abad als Beispiel, dass das eigentliche Ziel des Civitas-Programms, eine Stärkung unabhängiger Initiativen und Projekte, bedroht ist. Denn durch die Bundesförderung sollten Projekte auch in Regionen angeschoben werden, „wo der Kooperationswille oder die Einsichtsfähigkeit der jeweiligen Landesregierung in Bezug auf Rechtsextremismus fehlt“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy. Parlamentarier von SPD und Grünen beraten nun über die Einrichtung einer Bundesstiftung, um die Programme gegen rechts vor parteipolitischem Druck zu schützen.

Für den bei CDU und FDP ebenfalls ungeliebten Verein „Miteinander“ in Sachsen-Anhalt könnte die geplante Bundesstiftung zu spät kommen. Gerade hat der „Bereinigungsausschuss“ des Landtags die Landeszuschüsse für „Miteinander“ um die Hälfte gekürzt. Nun bleiben dem Verein, der sich durch ein flächendeckendes Bildungs- und Beratungsangebot gegen rechts einen Namen gemacht hat, für 2004 noch genau 150.000 Euro. „Damit ist der Verein arbeitsunfähig“, resümiert der Vorsitzende, der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Hans-Jochen Tschiche.