Am Neuen Markt

Vorstand des Hamburger SV gesteht Rekorddefizit und schaut trotzdem nur nach ganz oben

Hamburg taz ■ Kenner größerer mittelständischer Unternehmen hätten sich bei der Jahreshauptversammlung des Hamburger SV am Montagabend heimelig gefühlt. Immerhin wüssten sie – im Gegensatz zu vielen HSV-Mitgliedern – etwas mit Begriffen wie Custom-Relationship-Management und Markenpositionierung anzufangen.

Da jedoch weniger Unternehmenskenner aber umso mehr vermeintliche Fußballkenner den Saal 1 im CCH füllten, platzte ihnen spätestens bei dem erneuten Vergleich des Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann zwischen dem HSV und Branchengrößen wie Bayern München und Manchester United der Kragen. „Wollen wir mal über den HSV reden, oder was?“, rief es aus dem Saal.

Ein erneuter Zwischenruf, „Wir sind doch auf einer Jahreshauptversammlung“, führte allmählich zu den drängenden Themen. Denn eine erneute Etatunterdeckung in Höhe von über 14 Millionen Euro wie im vergangenen Geschäftsjahr kann sich der HSV nicht noch einmal leisten. Im laufenden Geschäftsjahr sollen nun 14 Millionen Euro an Kosten eingespart werden. Ob dies allein mit den erwähnten fünf Prozent Gehaltsverzicht des Vorstandes und der Prämienkürzung beim Profiteam erreichbar sein wird, überzeugte nicht jedes Mitglied. So beschwerte sich Ex-Präsident Peter Krohn über „mangelnde Transparenz“ im Umgang mit dem Millionen-Defizit. Die Mitglieder dankten es ihm mit lautem Applaus.

Zumal sie zuvor weiteren Umgestaltungsplänen ihres Vorstandschefs ausgesetzt waren. Offen sprach Hoffmann über eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung: „Wir brauchen einen zusätzlichen Effekt in den nächsten Jahren, um einmal richtig Geld zu machen und uns nach oben zu bringen.“ Da waren sie wieder, die übertriebenen Perspektiven. Kein Wunder, dass viele Mitglieder lange vor Versammlungsende den Saal verließen. OKE GÖTTLICH