zwischen den rillen
: Von der Housemusic zur Housemusik

Hans Nieswandt ist nicht nur in Köln seit Jahren eine feste Größe in der Housemusik, sondern weltweit aktiv. Im Kölner Underground-Musikmagazin Spex sorgte er als Redakteur Ende der 80er Jahre für den Einzug der Clubmusik, zeitgleich belebte er das Kölner Nachtleben durch die damals noch raren Housepartys. Und dass er zusammen mit Eric D. Clark und Justus Köhnke mit dem Projekt „Whirlpool Productions“ unter anderem in Italien einen Nummer-Eins-Hit hatte, ist längst Legende.

Bei all dem merkt man Nieswandt immer eins an: So sehr er die Mythen der Housemusik kennt, von den Anfangstagen in Chicago, dem hedonistischen Eskapismusgedanken einer unterdrückten, schwarzen und oft homosexuellen US-Bevölkerung, so wenig versucht er, dieses Gefühl 1:1 nach Deutschland zu übertragen. Gerade die individuelle, häufig etwas schräg anmutende Version seines Kulturtransfers macht den Reiz aus. Das war bei seinem ersten Soloalbum „Lazer Musik“ so, dass gilt auch für sein neues Album „The True Sound Center“.

Hans Nieswandt ist nicht schwarz, nicht schwul und lebt auch nicht unter rassistischen Bedingungen in den USA. Das sind die Eckdaten für die Entstehung von Disco in den 70er Jahren und für House in den 80er Jahren, nicht aber seine. Deswegen ist seine Housemusik nicht identisch mit der Housemusic. Hans Nieswandt hat sie damals in einer Kolumne der Spex „H-Musik“ genannt, um die Verwandtschaft zum House, aber auch die persönliche Auslegung davon (etwa als „Hans-Musik“) zu beschreiben. Und so kreist „True Sound Center“ zwar um den ästhetischen Ansatz der Housemusik als Update von Discomusik, aber eben auch um das eigene Leben. „So fein“ ist eine Art Kinderlied mit simplizistischem Gagatext, „Ich vermiss die Zeit“ ein rührendes Liebeslied, gesungen von Gabriel Ananda – zwei von einigen hemmungslosen Popsongs der CD.

Die ungewöhnlichen, sehr persönlichen Referenzen machen den Reiz der Musik aus, können aber für Freunde des amtlichen Sounds auch ein Problem darstellen. Doch auch die Standards werden hier abgedeckt: „Keep Em Busy“, „Anarkist“, „Yeh Pump It“ oder „Gloria“ ist klassische Housemusik in ihren vielfältigen Variationen, die eigene Handschrift ist aber immer hörbar: H-Musik. Christian Meyer

Hans Nieswandt: „The True Sound Center“, Ware Records, LC: 10695