Das Wunder von Mainz

TV 2.0 Mit dem interaktiven Magazin „Kavka“ (21 Uhr, ZDF.info und zdf.de) sucht das ZDF, was es kaum hat: jüngere ZuschauerInnen

VON PEER SCHADER

Manchmal geschehen auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen noch kleine Wunder: Heute Abend moderiert Markus Kavka zum ersten Mal „Kavka“, ein neues Magazin, in dem es um all das gehen soll, was 25- bis 40-Jährige sonst im TV nie zu sehen bekommen: Gesellschaftsthemen, die sie betreffen, aber nicht von den üblichen Polittalkverdächtigen besprochen werden, sondern von denen, die sich am besten damit auskennen: sie selbst.

„Kavka“ ist ein Test, an dem sich die Zuschauer beteiligen sollen, indem sie sich per Webcam in der Sendung melden. Vorerst ist nur eine Pilotausgabe geplant, in der es um die Frage „Arbeit ist das ganze Leben?“ geht – darum also, wie eine Generation ihr Leben immer mehr am Beruf ausrichtet, an der Karriere, und welche Opfer sie dafür bringen muss. Das kann natürlich danebengehen. Aber wenn man Kavka beim Kaffeetrinken fragt, ob der Titel „Neon TV“ fürs ZDF zu teuer gewesen sei, wehrt er ab. „Kavka“ soll kein Befindlichkeitstalk werden, sondern „voll auf die zwölf“: „Ich würde mir wünschen, dass es im Fernsehen öfter mal Sendungen gäbe, die mich so aufwühlen, dass ich danach nicht schlafen kann, weil mich das so beschäftigt.“ Oha.

Bis vor einem halben Jahr hat der 41-Jährige die „MTV News“ moderiert; dann ist den Leuten beim Sender eingefallen, dass es viel günstiger kommt, wenn sie künftig einfach noch mehr Dokusoaps vom US-Mutterkonzern einkaufen. Jetzt hat Kavka eine eigene Videokolumne bei Myspace („Kavka vs. The Web“) – und vorher schon einen Anruf vom ZDF auf seiner Mailbox gehabt. Ob er sich vorstellen könne, eine Sendung zu moderieren, die genau das macht, was das öffentlich-rechtliche Fernsehen bisher vernachlässigt hat: Programm für jüngere Zuschauer, denen Pro Sieben und RTL ziemlich schnuppe sind, „Johannes B. Kerner“ und die neueste ARD-Telenovela aber auch. Na gut, hat Kavka gesagt. Und schraubt die Erwartungen schon mal runter: „Man muss sich ja nicht einbilden, dass plötzlich wieder alle 20-Jährigen vor dem Fernseher sitzen und öffentlich-rechtliches Fernsehen gucken, wenn man so ein Magazin ausprobiert.“ Ein paar Mitte 30 würden auch schon reichen.

Ein Quotenerfolg wird die Sendung sicher nicht: Der Pilot ist beim digitalen Spartensender ZDF.info zu sehen oder eben im Live-Stream übers Internet. Mit der Mischung aus TV und Internet hat sich Kavka bereits bei der „Wahl im Web“ anfreunden können, die er fürs ZDF zur Hessenwahl moderierte. Fortsetzungen im Wahljahr sind geplant. Aber erst konzentriert er sich mal auf sein eigenes Magazin: „Wir wollen das bewusst auf kleiner Flamme halten. Es geht erst mal darum, ob das Konzept so funktioniert, wie wir uns das überlegt haben.“

Dabei ist die Idee gar nicht so neu. Bis in die 90er-Jahre bereiteten „Live aus dem Alabama“ vom BR und „doppelpunkt“ im ZDF Themen aus Politik und Gesellschaft so auf, dass sich auch junge Zuschauer für sie interessieren konnten. „Es gab mal ’ne sehr gute Diskussionskultur für junge Leute im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ich hab auch nie verstanden, warum man diese Projekte allesamt eingestellt hat. In den vergangenen Jahren sind manche Altersgruppen da gar nicht mehr bedient worden“, sagt Kavka. Und probiert es jetzt eben selbst. Ob das wirklich zusammenpasst? Der Ex-MTV-Moderator und das ZDF? Ach was, na klar, sagt Kavka und erzählt vom Kennenlernen mit der Redaktion auf dem Lerchenberg: „Da wurde keine Sekunde gesiezt.“ Na, dann muss es ja gut gehen.