Des Finanzsenators Pein

Hamburg nimmt 2004 weniger Steuern ein als geplant, weil der Stadtstaat satte 687 Millionen Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen muss

„Hamburg baut seine Führungsrolle als Zahler in den Finanzausgleich aus“

Von Markus Jox

Der Termin war wie geschaffen für den Mann: Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), der sich gerne als knallharter Sanierer und Sparfuchs gefällt, stellte gestern die diesjährige November-Steuerschätzung vor. „Ich habe wieder nichts Erfreuliches zu berichten“, eröffnete der Senator seinen Vortrag mit Leichenbittermiene. Trotz einer „überdurchschnittlichen Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen und der Körperschaftssteuer“ nehme Hamburg erneut weniger Steuern ein als geplant. Sirenenhaft sang Peiner sein Ceterum censeo: „Der konsequente Konsolidierungskurs muss unverändert fortgesetzt werden.“

Im Vergleich zur Schätzung im Mai stehen der Hansestadt für dieses Jahr noch einmal 62 Millionen und für 2005 weitere 23 Millionen Euro an Steuereinnahmen weniger zur Verfügung. Gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung vom Mai 2001 fehlten Hamburg damit jährlich über 1,3 Milliarden Euro. Die fehlende Summe solle vorübergehend „über die Erhöhung der Einnahmen aus Vermögensveräußerungen“ beschafft werden, erklärte Peiner. Er erwarte jedoch eine Entscheidung der Europäischen Kommission, nach der die ehemalige Hamburgische Landesbank, die HSH Nordbank, einen Teil der vom Land erhaltenen Subventionen zurückerstatten müsse. Hamburg könne von diesem Geld bis zu 100 Millionen Euro abschöpfen.

Ursache für das dicke Steuer-Minus trotz steigender Steuereinnahmen: Aufgrund zweier „steuerlicher Sondereffekte“ muss Hamburg in diesem Jahr die „historisch hohe“ Summe von rund 687 Millionen Euro in den Länderfinanzausgleich zwischen den Bundesländern einzahlen – noch einmal 117 Millionen Euro mehr als im Mai vermutet. Durch üppige Einnahmen bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer sei die Finanzkraft Hamburgs im Ländervergleich überdurchschnittlich gestiegen – also muss gezahlt werden. „Damit baut Hamburg seine Führungsrolle als Zahler in den Finanzausgleich aus“, so Peiner. Das sei „hochgradig ärgerlich“.

Während 2004 also Hamburg je Einwohner rund 294 Euro in den Finanzausgleich überweist, zahlt jeder Bewohner Nordrhein-Westfalens gerade mal zwei Euro. Jeder Bremer erhält 374 Euro aus dem Topf – und das finanziell darniederliegende Berlin kassiert sogar 585 Euro pro Einwohner. Vor allem das von Rot-Grün regierte NRW ist dem Finanzsenator ein Dorn im Auge: Das bisherige Zahlerland müsse „endlich seine Hausaufgaben machen“, schulmeisterte Peiner. Falls NRW auch noch Empfängerland werde, wären zwei Drittel der deutschen Bevölkerung Empfänger aus dem Finanzausgleich, nur noch ein Drittel Geber. Hobby-Historiker Peiner: „Dass Hamburg aufgrund der Finanzschwäche von NRW einmal überproportional sparen muss, das war von den Vätern des Länderfinanzausgleichs so sicher nicht gedacht gewesen.“