Spar Wars mit Lehrstühlen

Immer mehr Studenten, Professoren und Unis beteiligen sich an den Protesten gegen Kürzungen. Erste Erfolge gibt es in Bayern. Ein bundesweiter Aktionstag ist geplant

BERLIN taz ■ Die Hochschulen von Darmstadt und Göttingen vor zwei Tagen, Konstanz und Wiesbaden gestern: Die Liste der Unis, deren Studenten gegen Kürzungs- und Studiengebührenpläne protestieren, wird länger. Vielleicht kulminiert der Widerstand sogar in einem bundesweiten Aktionstag; am 11. oder 13. Dezember wollen die Studenten bundesweit demonstrieren.

Der Dachverband der Studentenvertretungen, der „Freie Zusammenschluss von Studentinnenschaften“ (fzs), will am Wochenende einen nationalen Aktionstag initiieren. Morgen treffen sich die Studierenden in Jena zu einem Kongress über die „Rolle der Studentinnenschaften in Hochschule und Gesellschaft“ in Jena. Zur Diskussion stehen dabei auch zentrale Demonstrationen oder bundesweit koordinierte Aktionen, sagte fzs-Sprecherin Nele Hirsch der taz. Geplant war für Jena eigentlich etwas anderes. „Eigentlich wollten wir überlegen, wie wir die Studierenden wieder wachrütteln können“, sagte Hirsch.

Auch gestern gingen Studierende auf die Straße. In Berlin zogen 20.000 zur Regierungszentrale im Roten Rathaus. Der Begriff „Spar Wars“ machte die Runde. Am Morgen persiflierten die Kommilitonen den Abbau von Professorenstellen mit einem symbolischen „Lehrstühlestreichen“: Auf dem Gelände des neu eröffneten Ikea-Marktes in Tempelhof strichen sie Holzstühle in schillernden Farben an. In Göttingen erwartete man Hilfe von ganz oben und verlegte die morgendliche Soziologievorlesung in die Kirche. In München gab es eine mitternächtliche Protestvorlesung vor 1.000 Studenten. In Hamburg wurde eine Demonstration von rund 150 Studierenden von der Polizei aufgelöst. Nach Angaben der Polizei war der Haupteingang zum Rathaus blockiert worden

Die hessischen Kommilitonen trafen sich gestern in Wiesbaden auf den Stufen zum Zentrum der Macht: Studenten aus Frankfurt, Darmstadt, Marburg, Offenbach und Gießen blockierten den Parlamentarier- und Presseeingang zum Hessischen Landtag, während die Abgeordneten über das „Studienguthabengesetz“ berieten. Damit sollen Langzeit- und Verwaltungsgebühren eingeführt werden. Die Protestierenden durften das Gebäude nicht betreten. Kein Platz mehr auf der Zuschauertribüne, hieß es. Außerdem seien die Studenten nicht angemeldet.

In Konstanz ist man auf der Vorstufe zum Boykott: Eine Vollversammlung erklärte sich mit 700 Teilnehmern solidarisch mit den streikenden Kommilitonen im ganzen Land. Kommenden Mittwoch wollen die Studierenden darüber befinden, ob man auch am Bodensee in den Ausstand tritt. „Die Stimmung steht hier auf Streik“, hieß es gestern aus dem Konstanzer Asta.

Erste Erfolge kann man unter Umständen in Bayern verzeichnen: Am Mittwoch gab Ministerpräsident Stoiber bekannt, dass nun doch nicht ganz konsequent per Rasenmähermethode gespart werden soll. 10 Prozent minus in allen Ressorts lautete die Planung bisher. Nun wird die Bildung geschont: Das Schulministerium soll 2,5 Prozent, die Wissenschaft nur 5 Prozent an Einsparungen erbringen. Dafür werden die Ressorts Wirtschaft sowie Umwelt und Gesundheit um happige 15 Prozent gekürzt.

Vielleicht bleibt den bayerischen Studierenden so erspart, was ein Berliner Student verkaufen will: Seit gestern kann jeder beim Internet-Auktionshaus eBay für einen Stadtplan-Ausdruck bieten, auf dem das Areal der Technischen Uni geschwärzt ist. „Bildungsloch Berlin“ heißt das Werk. OLIVER HAVLAT