Eine Firma für ein Pfund

Rund 15.000 deutsche Unternehmen firmieren unter der britischen Rechtsform „Private Limited Company“. Diese Alternative zur GmbH kann unbürokratisch erlangt werden, hat aber auch Tücken

Heinz Hansen, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens FDI, das Abdeckungen für Flachdächer herstellt, ist mit der Entscheidung sehr zufrieden. Vor einem Dreivierteljahr entschied sich das Unternehmen, die Rechtsform einer britischen Private Limited Company (Ltd.) anzunehmen. Alternativ stand eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zur Diskussion. Mithilfe einer Bielefelder Agentur, die 950 Euro verlangte, war die Limited binnen wenigen Tagen eingerichtet und die Geschäfte konnten losgehen. „Dieses unkomplizierte Vorgehen kann ich nur weiterempfehlen“, so Hansen.

Seit der Europäische Gerichtshof und der Bundesgerichtshof vor etwas mehr als einem Jahr bestimmten, dass sich jedes EU-Unternehmen in einem anderen Mitgliedsland niederlassen kann, ohne eine dort übliche Rechtsform anzunehmen, sprießen in Deutschland die Limiteds. Über 15.000 Unternehmen dieser Rechtsform soll es mittlerweile hierzulande geben. Zwar kämen auch die spanische SL und die französische SARL europaweit in Betracht, der Importschlager bei deutschen Gründern ist aber von Anfang an die Ltd. gewesen.

Rund um die potenziellen Limited-Gründer haben sich eine Vielzahl von Beratungsunternehmen geschart, die eilfertig ihre Dienste anbieten: Sie sorgen für die Eintragung ins britische Handelsregister, übersetzen notwendige Dokumente und stellen die unabdingbare Briefkastenadresse bereit – alles zum Preis von 150 bis 1.200 Euro.

Für Geschäftsführer Hansen und die Firma FDI waren Kostengründe mit entscheidend, denn für die Gründung einer GmbH braucht man 25.000 Euro Stammkapital, für eine Limited reicht ein britisches Pfund. Störend sei nur, dass in Deutschland kaum jemand weiß, was das Kürzel Ltd. bedeute, sagt Hansen.

Dass sich daraus generelle schwer wiegende Geschäftsnachteile ergeben, sei nicht zu befürchten, meint Gerd Woweries, Leiter des Bereichs Recht bei der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK). Allerdings hätten Limiteds öfter Schwierigkeiten, bei Banken ein Geschäftskonto zu eröffnen. Das Interesse an einer Limited-Gründung sei dessen ungeachtet groß. Pro Woche würden sich rund zehn Interessenten bei der Berliner IHK melden, sagt Woweries.

Der Rechtsexperte steht einer Limited-Gründung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, meint aber, dass für Klein- und Kleinstunternehmen weder eine GmbH noch eine Limited geeignet seien. In diesen Fällen rate er zur Gründung einer Personengesellschaft. Deshalb störe ihn auch die Praxis der kommerziellen Beratungsunternehmen. Sie würden einseitig nur über die Vorteile aufklären, aber die Nachteile verschweigen. So sei das britische Haftungsrecht wesentlich schärfer gefasst als das deutsche. Im Falle einer Insolvenz sei dieses besonders zu beachten. Auch würden die Kosten unterschätzt. Denn ein Jahresabschluss müsse nach britischem Recht erfolgen. „Doch wer kennt dieses Recht?“, fragt Woweries. „Schon ein wenig zu spät eingereichte Unterlagen können zur Löschung im britischen Handelsregister führen“, warnt er. Dann komme plötzlich eine persönliche Haftung mit dem ganzen Vermögen zum Tragen. Im Grunde sei die Gründung einer Limited eher für größere Unternehmen geeignet.

Verkompliziert wird die Gründung einer Limited dadurch, dass sehr viele Unternehmen zugleich eine Zweigniederlassung in Deutschland gründen, um den Seriositätsnachteil gegenüber der deutschen Kapitalgesellschaft durch die Eintragung im deutschen Register auszugleichen. Doch mit diesem Schritt kommt das deutsche Recht mit ins Spiel. So warnt denn auch Woweries vor den rechtlichen Folgen: „Wenn es Streit unter den Gesellschaftern gibt, muss dies nach britischem Recht gelöst werden. Wenn es Probleme mit dem Finanzamt gibt, gilt das deutsche Recht.“ Letztlich würde diese rechtlich komplexe Situation die Kostenvorteile in vielen Fällen erheblich mindern.

Der Interessenverband Limited (IVLID) in Würzburg weist noch auf ein weiteres Missverständnis hin: Manche Berater für Limited-Gründungen würden damit werben, dass man mit einer Limited als Handwerker in Deutschland ohne Meisterbrief selbständig tätig werden kann. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Da der deutsche Limited-Gründer natürlich in Deutschland Geschäfte machen will, benötigt er auch Geschäftsräume in Deutschland. Dann greift die deutsche Handwerksordnung – und die verlangt einen Meisterbrief. Voraussetzung für die „Befreiung“ vom deutschen Recht wäre, dass der Betreffende über keinerlei Infrastruktur in Deutschland verfügt. Doch diese Annahme erscheint illusorisch, meint Rechtsanwalt Andreas Karsten, der für den Interessenverband arbeitet.

TILMAN VON ROHDEN

Weitere Informationen bei der IHK Frankfurt/Main: www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/unternehmensrecht/limited