Normalzeit
: HELMUT HÖGE über Dinosaurier

„High sein, frei sein, Terror muß dabei sein!“ (Alte Ostermarschparole)

Das eigentliche Dinosaurier-Paradies ist die Mongolei gewesen. Man kann das heute im Museum für Naturgeschichte in Ulan-Bator studieren. In Berlin pilgert man zu dem durch die Filmerin Holly Zausner berühmt gewordenen „totenstillen Dinosaurier-Friedhof“, wie die Berliner Zeitung ihn nennt. Er befindet sich in einer Ecke des seit der Wende verwunschenen Vergnügungsparks im Treptower Plänterwald.

Da liegen sie alle: der Ceratosaurus, der Tyrannosaurus, der Stegosaurus … und der Centrosaurus steht sogar noch. Dorthin wanderten wir zu Ostern. Den Dinosaurier-Friedhof kann man nur durch den Zaun von der Uferpromenade aus betrachten. Der VEB Kulturpark wurde in der Wende vom Senat an die „Spreepark GmbH“ des Hamburger Schaustellers Norbert Witte verkauft, der einige neue Karussels aufstellte. Berlin gab Witte dafür eine Bürgschaft in Höhe von 20 Millionen Mark. Laut Wikipedia „stimmte der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses erst nach einem Gespräch zwischen dem CDU-Politiker Volker Liepelt und Witte dem umstrittenen Vertrag zu. 1999 war die Spreepark GmbH mit 51.000 DM Großspender bei der Berliner CDU.“

Obwohl die Familie Witte zu den Sauriern unter den Schausteller-Familien zählt, ging der „Spreepark“ 2001 pleite. Norbert Witte schiffte sich heimlich mit seinem Sohn und 20 Containern voller „Attraktionen“ nach Peru ein. In Lima eröffnete er einen neuen Dino-Park, aber auch damit ging er bankrott. In seiner Not schmuggelte er im Mast des Fahrgeschäftes „Fliegender Teppich“ 3 Zentner Kokain von Lima nach Berlin. Er wurde jedoch gefasst. Sein Sohn Marcel bekam 20 Jahre, Norbert Witte lebt seit 2008 wieder in einem Wohnwagen auf dem „Spreepark“-Gelände.

Wikipedia behauptet, dieses verwahrlose immer mehr, doch das Gegenteil ist der Fall: Es wächst langsam zu und ist ein Vogelparadies geworden. Die Vögel stammen ja von den Sauriern ab – während die Riesenechsen komplett dem „Kreide-Tertiär-Massenaussterben“ vor etwa 65 Millionen Jahren zum Opfer fielen und wir uns infolgedessen blitzschnell von nachtaktiven Kleinsäugern zu unserer heutigen hellen Größe entwickelten.

Schuld am Sauriertod waren Sex, Drugs oder Rock ’n’ Roll! Die Sex-Hypothese stammt von den Reptilienforschern Colbert, Cowles und Bogert. Danach gab es weltweit einen derartigen Temperaturanstieg, dass die außen hängenden Hoden der Saurier „funktionsunfähig“ (Stephen J. Gould) wurden.

Die Drug-Hypothese stellte der Psychiater Ronald K. Siegel auf. Danach entwickelten sich gegen Ende der Saurier-Herrschaft die Blütenpflanzen – einige produzierten Alkaloide, das heißt Rauschsubstanzen, die die Saurier nicht schmecken und von denen sie sich nicht selbst entgiften konnten, da sie keine Leber besaßen.

Die Rock-’n’-Roll-Hypothese stammt vom Psychoanalytiker Immanuel Velikovsky. Danach brachte ein großer Komet bei seiner Annäherung an die Erde diese derart zum Rocken („Ragen“ laut Stephen J. Gould), dass die Polkappen verrutschten und zum Beispiel die sibirischen Mammuts schockgefroren wurden. Als man sie zu Sowjetzeiten auftaute, hatten sie unzerkautes Gras im Maul und ihr Fleisch konnte man noch essen.

Ihre Gelege kann man im oben erwähnten Museum von Ulan-Bator bestaunen. Nach Velikovsky kam dieser Komet mehrmals der Erde nahe, weswegen ihm unter anderem bei den Ägyptern monotheistisch Opfer dargebracht wurden. Sie beteten dabei die Venus an (und nicht die Sonne!). Die Katastrophe, der die Saurier zum Opfer fielen, wurde von den Geologen Luis und Walter Alvarez bestätigt, als sie Iridium fanden, das extraterrestrischen Ursprungs ist – was unter anderem auch für einen großen Teil unserer Erdölvorkommen gilt (wenn man der BP-Forschung glauben will).

Stephen Jay Gould meint, dass die Sex-und-Drugs-Hypothesen nicht verifizierbar seien – und damit letztlich „unbrauchbar“. Aber die „Rage“-Hypothese hat den „nachprüfbaren Beweis Iridium“ – und das sei, „was zählt und den entscheidenden Unterschied zwischen Wissenschaft und Spekulation“ ausmache. Als Harvard-Echse schätzte er natürlich die dinosaurierhafte deutsche Tradition der spekulativen Philosophie gering, ganz zu schweigen von der russisch-sibirischen.