Strafsteuer gegen den riskanten Mix

Seit Mischgetränke aus Alkohol und Limonade auf dem Vormarsch sind, erleben Jugendliche immer früher ihren ersten Rausch. Jetzt will die Regierung den Preis der bunten Getränke verdoppeln. Vorbild ist Frankreich, das die Abgabe seit 1997 erhebt

aus Berlin OLIVER HAVLAT

Sie sind farbig, süß, fruchtig, tragen Namenszusätze wie „Breezer“ oder „Ice“ und stehen im Supermarktregal nicht selten neben den gesunden Obstsäften: alkoholische Mischgetränke aus Rum, Wodka, Whiskey und Limonade, im Fachjargon bezeichnet als „Premixes“ oder „Alcopops“.

„Einstiegsdrogen“ nennt sie jedoch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD). Sie will jetzt gegen die alkoholhaltigen Limonaden vorgehen. Die Bundesregierung plant, eine Strafsteuer zu erheben, die den Verkaufspreis pro Flasche nahezu verdoppeln würde.

Caspers-Merk sagte, die Alcopops sähen zwar harmlos aus, eine handelsübliche Flasche enthalte aber einen doppelten Schnaps. Mit Hilfe der zugesetzten Süßungsmittel werde der Alkohol maskiert, man schmecke ihn nicht mehr. Vor allem junge Frauen und Jugendliche, die bisher keinen Alkohol mochten, würden so zum Trinken verführt.

Schon 13-Jährige besorgten sich die Getränke regelmäßig. In einer durchschnittlichen Diskonacht könnten schon einmal sechs bis acht Flaschen getrunken werden, die zusammen den Alkoholgehalt von 12 bis 16 Schnäpsen hätten. „Alcopops richten großen Schaden an“, sagte die Drogenbeauftragte.

Unterstützt wird diese These von harten Fakten. Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) untersuchte das bundeseigene Robert-Koch-Institut gesundheitsgefährdendes Verhalten von Berliner Jugendlichen. Die ersten Erfahrungen mit Alkohol machen Jugendliche danach im Alter von durchschnittlich 11,6 Jahren. Der erste Rausch kommt mit etwa 13 Jahren. Und mit dem Alter nimmt die Rauscherfahrung zu: In der fünften Klasse waren gut zehn Prozent der vom RKI befragten Schüler schon einmal betrunken, in der neunten Klasse waren es schon weit über die Hälfte.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Studie des Bielefelder Gesundheitswissenschaftlers Wolfgang Settertobulte. Besonders in der Altersgruppe zwischen 13 und 15 Jahren konsumieren Jugendliche demnach immer mehr Alkohol. Für den Anstieg macht Settertobulte vor allem die Alcopops verantwortlich. Die zielten zunehmend auf eine sehr junge Konsumentengruppe. „Diese Entwicklung, die in Großbritannien bereits Ende der Neunzigerjahre zu beobachten war, zeigt sich nun auch in Deutschland“, stellt der Experte fest. Die grellbunten Getränke stehen mittlerweile auf der Beliebtheitsliste bei Jugendlichen an zweiter Stelle – nach dem Bier.

Um den Vormarsch der Trendgetränke zu stoppen, solle Deutschland daher dem Beispiel Frankreichs folgen, findet die Drogenbeauftragte Caspers-Merk. Im Nachbarland wurde 1997 eine Zusatzsteuer eingeführt, die den Endverkaufspreis im Schnitt verdoppelt hat. Danach sei der Markt für Alcopops praktisch zusammengebrochen. Caspers-Merk lässt nun prüfen, ob sich das Modell auch auf Deutschland übertragen lasse. „Ich halte den Weg Frankreichs für Erfolg versprechend und gangbar, weil er EU-konform ist.“ Noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung getroffen werden.

Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) sagte Caspers-Merk ihre Unterstützung zu. Der Erlös einer Zusatzsteuer müsse aber zweckgebunden in Kampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder in andere Maßnahmen zur Drogenbekämpfung fließen. „Die Berichte über Kinder und minderjährige Jugendliche, die sich häufig mit Alcopops bis zum Vollrausch betrinken, machen mir große Sorge“, erklärte Künast. Offiziell dürften die Getränke sowieso erst an Personen ab 18 Jahren verkauft werden.