Aachener Nachrichten sollen bleiben – vorerst

Die Komplettfusion mit dem Schwesterblatt „Aachener Zeitung“ scheint zunächst vom Tisch. Die Medien-Gewerkschaften bleiben skeptisch. Verlagsübernahmen von Zeitungen sollten gesetzlich nicht vereinfacht werden

AACHEN taz ■ Geht es nach Bernd Büttgens, wird es in der Kaiserstadt auch im nächsten Jahr zwei Zeitungen geben. Das erklärte der stellvertretende Chefredakteur der eng verflochtenen Aachener Zeitung (AZ) und Aachener Nachrichten (AN), am Mittwochabend auf einer Podiumsdiskussion: „Beide Zeitungen sollen erhalten bleiben“. Die Bestandssicherung für die AN gilt jedoch nur vorläufig: Nach Informationen aus Verlagskreisen sollen Auflage und das Anzeigenaufkommen in Jahresabständen überprüft werden. Erst bei einer Verbesserung der Zahlen ist die Zukunft der AN gesichert

Der Zeitungsverlag Aachen hatte 2003 Lokalredaktionen und Mantelressorts zusammengelegt. Nur die Lokalseiten in Aachen, Düren und Alsdorf sowie die Politik- und Regionalseiten werden noch getrennt produziert. Bis heute hat der Aachener Verlag 34 Beschäftigte entlassen, darunter zwölf Redakteure.

Seit 1975 existieren die linksliberalen AN (Auflage 55.000) und die konservativere AZ (98.000) unter einem Dach. Mit der unterschiedlichen politischen Ausrichtung sollte ein breites Publikum erreicht werden. Gewerkschaften befürchten nun, dass der Aachener Raum bald Einzeitungskreisen ähnelt. „DGB und ver.di wollen einen weiteren Abbau der Meinungsvielfalt im Raum Aachen verhindern“, sagte der Aachener ver.di-Mann Franz Blatt auf der gewerkschaftlichen Diskussion.

Neben Verlagsangestellten, Lokalpolitikern und Lesern waren auch arbeitslose Journalisten gekommen. „Zusammenlegungen von Lokalredaktionen schränken immer die Meinungsvielfalt ein“, sagte Oliver Keymis, medienpolitischer Sprecher der NRW-Grünen. Für Bernd Büttgens wurde durch die Verschmelzung indes das Aus der AN verhindert, die Meinungsvielfalt bliebe gewahrt. Presseforscher Horst Röper ließ das nicht gelten: Angesichts der Verlagsgewinne sei eine Auflösung der AN nicht gerechtfertigt gewesen. Heiner Hautermans, AN-Reporter und Betriebsrat, lobte die Zusammenarbeit zwischen den Redakteuren beider Blätter: „Der Auflagenrückgang der AN ist nicht mehr so drastisch,“.

Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), die Übernahme von Zeitungen zu erleichtern, stießen auf Kritik. „Es soll woanders nicht das passieren, was in Aachen geschehen ist,“ sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Dass in Aachen weitere Redaktionen zusammengelegt werden, hält Horst Röper für möglich. „Das muss nicht der letzte Schritt gewesen sein“, sagt er. Stimmt: Zum Jahresende werden mit einer Ausnahme alle Geschäftsstellen von AN und AZ geschlossen. Sie werden in private Serviceagenturen umgewandelt.

TORSTEN SCHÄFER